Dietl schläft gern mal im Büro

Star-Regisseur Helmut Dietl feilt noch immer am neuen „Kir Royal“. Endlich steht die Finanzierung und die endlose Geschichte wird 2011 gedreht. Graeter trifft ihn in seinem Lieblings-Restaurant
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Für Baby Schimmerlos lieferte in den 80er Jahren die Klatsch-Reporter-Legende Michael Graeter die Vorlage (hier im Bild mit Dietl), der für die Abenzeitung aus der Münchner Schickeria berichtete.
Klaus Primke Für Baby Schimmerlos lieferte in den 80er Jahren die Klatsch-Reporter-Legende Michael Graeter die Vorlage (hier im Bild mit Dietl), der für die Abenzeitung aus der Münchner Schickeria berichtete.

Star-Regisseur Helmut Dietl feilt noch immer am neuen „Kir Royal“. Endlich steht die Finanzierung und die endlose Geschichte wird 2011 gedreht. Graeter trifft ihn in seinem Lieblings-Restaurant

Es ist zwar nur das Schein-Schwabing, die Maxvorstadt. Aber für einen Hauch weht in dem abendlichen, warmen Lüftchen etwas Via Veneto mit. Zumindest auf 13 Metern – so breit ist die Front des „Rossini“ in der Türkenstraße mit seiner aus sechs Tischchen bestehenden Schmalspur-Terrasse. Das Spaghetti-Nest ist Helmut Dietls Stammkneipe. Sein Meisterwerk „Kir Royal“ flimmert gerade auf der Großleinwand des „Kinos am Olympiasee“.

Unter der dunkelgrünen Markise sitzt Helmut am ersten Tisch mit seiner Frau Tamara, sein Blick schweift über die Straße auf die kunterbunten Geschäfte, auf den Bücherladen „Zweitausendeins“ mit schwarz-rot-goldenen Fußballwimpeln, den Mode-Shop „La Bamba“ und den „Asia Feinkost“-Laden. Der Regisseur wirkt entspannt. Er ist schlank und gut aussehend, als käme er vom Urlaub zurück. Neben ihm, zwei Tische weiter, verzehrt Zahnarzt Abi Fuchs, zu dem alle in Schwabing laufen, frische Steinpilze, vor ihm parkt ein Heilpraktiker ganz sachte seinen froschgrünen Antik-Fiat 500 ein, während „Rossini"-Wirt Fabrizio rasch ein Radl wegräumt, das da querstand, um den Parkplatz freizuhalten.

Helmut zeigt sich ungeheuer diszipliniert. Er speist wie so oft Vitello Tonnato, danach Nudeln, dazu ein Glas Rotwein. Einen guten Stoff, für seinen Lieblingsgast macht der „Rossini"-Chef eigens eine Flasche auf. Der Aschenbecher ist unberührt und wirkt fremdartig. Das ist es, was fehlt, das typisch Dietlsche, der Rauch. „Ich rauche seit über zweieinhalb Jahren nicht mehr", sagt Dietl, der früher pro Tag 100 Gitanes paffte. „Ich habe das Rauchen durch Tabletten weggekriegt. Mit einem Medikament, das gar nicht dafür gedacht ist. Es hat mir die Sucht genommen, aber ich habe noch zwei Jahre lang an Zigaretten gedacht."

Weil wir kurz von längeren Zeiträumen reden – Dietl benötigt für jeden Film mindestens fünf Jahre Schaffenszeit – kommen wir natürlich auf sein überfälliges Werk „Berlin Mitte" zu sprechen. Der Kinofilm sollte eigentlich im Juni gedreht werden. „Ich musste verschieben. Jetzt steht aber die Finanzierung. Von Bayern und Berlin bekam ich die Fördergelder, bei den Bundesmitteln hat man mich im Stich gelassen. Aber jetzt ist alles klar. Der Film wird 10,3 Millionen Euro kosten. Wir können nur noch nicht loslegen, weil Hauptdarsteller Bully Herbig im Herbst eine Verpflichtung für einen anderen Film abgeschlossen hat. Also fangen wir Mitte März 2011 an." Sagt Dietl.

Bully spielt den neuen Reporter, Franz Xaver Kroetz als Baby Schimmerlos gibt es nicht mehr. Noch und wieder dabei sind aber auf jeden Fall Senta Berger und Dieter Hildebrandt, der den echten Kolumnisten-Fotografen Franz Hug virtuos nachempfunden hat. Die Geliebte des Klatsch-Reporters im neuen Film hat Helmut noch nicht gefunden.

„Ich habe ja jetzt Zeit. Wir werden bald ein Casting machen und die richtige Schauspielerin finden. Das Drehbuch überarbeite ich noch. Es bekommt jetzt den Feinschliff", verrät er. Die „Kir Royal"-Fortsetzung als Kino-Film beginnt übrigens storymäßig in Bayern, weil ja auch ein großer Teil der Fördermittel aus dem Land stammt, ehe in Berlin weitergedreht wird.

Als ich Helmut Dietl in der Türkenstraße begegne, umarmt er mich brüderlich wie immer und erkundigt sich nach meinem Befinden. Seine Frau Tamara dagegen hebt beschwörend die Hände nach oben, vermutlich, weil sie von der abendlichen Sonne geblendet wurde.

Die dunkelhaarige, vierte Frau des Regisseurs, die mit Helmut die Tochter Serafina (7) hat, war zuletzt in der Schweiz und hat sich dort als Mediatorin ausbilden lassen. Vielleicht ist das der Weisheit letzter Schluss fürs Eheglück.

Die Dietls leben nach wie vor in Schwabing in einer 3-Zimmerwohnung mit Hund Coco und Edelfeder Patrick Süskind samt Familie als Nachbar. Sein Büro für die „Diana-Film" im Erdgeschoss hat Helmut aufgegeben. Aber: Im Hinterhaus mietete sich Dietl ein neues „Büro", eine perfekte Wohnung zum ungestörten Arbeiten, wo er oft schläft, wenn er zu müde zum Heimgehen ist. Postalisch verheimlicht er die neue Bleibe nicht. „H.D." steht an der Klingel.

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