Der Selbstvermarkter

Gestern Manitu, morgen Wickie: Wie Michael "Bully" Herbig immer wieder seine Fans drankriegt. Ponkies Annäherung an ein „Sommer-Märchen“.
von  Abendzeitung
Er machtealles so, wie er es wollte – und Bully wurde Kult.
Er machtealles so, wie er es wollte – und Bully wurde Kult. © az

MÜNCHEN - Gestern Manitu, morgen Wickie: Wie Michael "Bully" Herbig immer wieder seine Fans drankriegt. Ponkies Annäherung an ein „Sommer-Märchen“.

Mütter und Großmütter wissen immer ziemlich genau, wer der Größte ist, wenn sie Kinder und Enkel in ihrer pubertären Phase über ihre Größten reden hören. In den späten Neunziger Jahren war das ein gewisser Bully vom Sender Radio Energy, der bei TV-München einem gewissen Langemann in dessen Comedy-Show als Gag-Type diente.

Und jeder konnte sich überzeugen, dass dieser Bully Herbig immer viel besser war als der Langemann: witziger, origineller, schneller und komischer – der spielte seinen Langemann mühelos an die Wand. Ein begabtes Parodie-Bürscherl, das als „die Tapete" herumlief. Über den Tapeten-Kerl haben sich Teenies und andere Experten damals kaputt gelacht.

1997 landete der Bully bei Pro Sieben mit der Bully-Parade einen Hit und brütete mit seinen ähnlich gearteten Brüdern im Geiste Christian Tramitz und Rick Kavanian einen speziellen Nonsens-Humor aus, weidete als hemmungsloser Kino-Fan das gesamte Schnulzen und Galaxis-Abenteuer-Arsenal aus, gründete seine Herb-X-Filmfirma und brachte es fertig, mit „Erkan und Stefan" einen Debütfilm mit zwei türkischen Sprücheklopfern in den zitierfähigen Bestseller-Himmel zu katapultieren.

Darin war er dem berühmten Ostfriesen „Otto" nicht unähnlich: Als radikaler Selbstvermarkter seiner eigenen skurrilen Ideen machte er alles so, wie er es wollte – Bully wurde Kult. Er kreierte mit seinen nöligen schwulen Comic-Knallchargen seinen eigenen Traumschiff-Enterprise-Laden und räumte die Fan-Gemeinde mit dem Comic-Western „Der Schuh des Manitu" ab.

Dass da ein zielstrebiges Kintopp-Talent die Welt auseinander nahm, konnte keiner bestreiten, der Erfolg gab dem Bully recht, die Bully-Leute quiekten vor Begeisterung. Und, wo Erfolg ist, da folgt flugs die Fortsetzung. In seinem Trickfilmdebüt „Lissi und der wilde Kaiser“ zelebrierte Bully königlich bayerischen Schmalzkitsch und Sissi-Kostümierung, und seine schwulen Cowboys haben schon eine Art Klassiker-Status erreicht. Und der alte Kino-Fetischist Bully Herbig weiß auch schon wieder genau, wie er seine Anhänger drankriegt: Indem man auf einen alten Kult einen anderen Kult setzt.

Ein Sack voller Comic-Figuren als Echtmenschen – „Wickie und die starken Männer“ locken zum Wikinger-Abenteuer, und das Wikinger-Casting winkt mit sechs Hauptrollen. Dagegen ist Dieter Bohlens Superstar-Suche ein alter Hut. Denn Faxe, Ulme, Urobe, Gorm, Snorre und Tjure müssen schließlich für bärtige nordische Wüteriche taugen, um gegen den Fassbinder-Schauspieler Günther Kaufmann als „schrecklichen Sven“ und Wickie-Bösewicht den Elementen Feuer, Wasser und Wind zu trotzen.

Da fragen sich die staunenden Zeugen seiner rasenden Grotesk-Karriere, mit welcher Strategie er nun seine Gemeinde weiter mit Manitu-Stiefeln, Weltraum-Anzügen, schwuler Ritter-Minne oder vielleicht gar Bayreuther Festspiel-Public-Viewing einseifen will. Die Erwartungshaltung ist groß, und ob der Kult kippt, das bestimmt vermutlich längst die begleitende Spielzeugindustrie mit Bully-Kasperln oder Bully-Boandl- kramern. Das Original-Bully-Talent im eigenen Saft – ein Sommer-Märchen.

Ponkie

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