Der Prophet

Armin Mueller-Stahl zeigt eine Auswahl seiner Arbeiten als Maler – und nebenbei die ganze Klaviatur seines Könnens: Begegnung mit einem charismatischen Verführer und kühlen Beobachter
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Schauspieler, Geiger, Maler: Armin Mueller-Stahl hat viele Talente
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Armin Mueller-Stahl zeigt eine Auswahl seiner Arbeiten als Maler – und nebenbei die ganze Klaviatur seines Könnens: Begegnung mit einem charismatischen Verführer und kühlen Beobachter

Es dauert keine 30 Sekunden, da hat er sein Publikum unter Kontrolle. Er kokettiert („Ich bin kein junger Spund“), er belohnt („Das ist eine sehr gute Frage“), er bestraft („Ich erkläre Ihnen nicht meine Kunstwerke“), im Hemd steckt eine Sonnenbrille, in seiner Hand ein halb volles Wasserglas, die Augen glänzen hart und blau.

Armin Mueller-Stahl, Hollywood-Schauspieler, Geiger, Dirigent und Maler, ist zu „Ketterer Kunst“ gekommen. Am Abend findet hier die Eröffnung der Ausstellung „Menschenbilder, Zyklen und Lebenslinien“ mit seinen Bildern statt, doch schon am Vormittag gibt der 78-Jährige einen Einblick in die Klaviatur seines Könnens, präsentiert sich als Mischung aus charismatischem Verführer und kühlem Beobachter.

Das mit dem Geheimnis ist wichtig

Wichtig dabei: souveränes Understatement. „Es gibt hier kein Selbstporträt - oh doch, da sehe ich es ja schon“, sagt Mueller-Stahl, schreitet majestätisch zum Gemälde, posiert mit Händen in den Hosentaschen für Fotografen. Später plaudert er über seinen Vater, der unbedingt wollte, dass der Sohn Schauspieler wird, über böse Kritik auf der Schauspielschule und wie diese den jungen Mann, der er damals war, angetrieben hat. „Ich habe am Anfang in Shakespeare-Stücken nur Liebhaber gespielt, das waren langweilige Rollen, deshalb habe ich sie stottern lassen,“ sagt Mueller-Stahl, „so hatten sie ein Geheimnis.“

Das mit dem Geheimnis ist wichtig, wenn man den Künstler und den Menschen Armin Mueller-Stahl verstehen will. Er sucht es, er umgibt sich mit ihm. Als Maler, doziert er, möchte er allzu Offensichtliches verbergen, als Schauspieler Klarheiten beseitigen, und als Musiker interessieren ihn die Pausen, die Zwischentöne. Mueller-Stahl spielt jetzt auf einer unsichtbaren Violine, summt eine Melodie, sein Publikum, eine Hand voll Journalisten, ist da längst gefangen.

Der Mann, der sich Armin Mueller-Stahl nennt

Neben dem Großmimen sitzt Galerist Robert Ketterer und schwärmt ein bisschen über den „Künstler Armin Mueller-Stahl“. Anschließend erklärt Kunstprofessor Herwig Guratzsch die „Ruhe, Konzentration und Besinnung“ in dessen Werken als „aufregend neu“ – schön ja. Aber eigentlich mag jeder weiter Weisheiten von Mueller-Stahl hören, die der mit sanft-sonorer Stimme vorträgt. „Alle Kunst bemüht sich, Musik zu werden“, ist so ein Satz, und wer alle mitschreibt, bekommt das Gefühl, entweder Paulo Coelho vor sich zu haben. Oder einen Philosophen.

Aufklären lässt sich das nicht. Nach 40 Minuten verlässt der Mann, der sich Armin Mueller-Stahl nennt, die Bildfläche so plötzlich wie er aufgetreten ist. Für einen Moment glaubt man, die Luft um einen vibriert.

Jan Chaberny

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