Der letzte Paradiesvogel: Große Trauer um Konsul Hans-Hermann Weyer

"Wenn's der liebe Gott will, ertrinkt man in einer Pfütze und bricht sich über einem Strohhalm das Genick. Wenn es der liebe Gott will, dann ist es so weit."
Der liebe Gott, zu dem Hans-Hermann Weyer nach eigener Aussage jeden Abend gebetet hat, hat es offenbar gut mit ihm gemeint. Er hat ihn im Schlaf zu sich gerufen. Ganz sanft.
An Mariä Himmelfahrt, ganz früh am brasilianischen Morgen, ist Hans-Hermann Weyer, Consul Graf von Yorck, für immer eingeschlafen in seinem Bett daheim in seinem Hauptwohnsitz, in einem Penthouse an der Copacabana von Rio de Janeiro – und in den Armen seiner Frau Christina (59).
Hans-Hermann Weyer gestorben: "Er ist ganz friedlich eingeschlafen"
33 Jahre lang war das Jetset-Paar unzertrennlich gewesen. An keinem Tag, in keiner Nacht. Was umso beachtlicher ist, weil "der schöne Konsul", wie Weyer seit den 1970ern genannt wurde, bis zur romantischen Hochzeit mit der Botschaftertochter in Rottach-Egern 1991 als Deutschlands eisernster Junggeselle galt.

"Er ist ganz friedlich eingeschlafen", sagt Christina Weyer nun zur Abendzeitung. Etwas stiller, etwas schwächer habe er gewirkt in den letzten Wochen. Neben der Haushälterin, die Essen kochte, hatte Weyer in seiner Frau auch seine Leibärztin in den letzten Stunden an seiner Seite: Christina Weyer ist promovierte Medizinerin.
Konsul Hans-Hermann Weyer: "Ein Dekorateur der deutschen Gesellschaft"
Ihren Doktortitel hat sie sich redlich erarbeitet. Dabei hätte sie ihn auch müheloser haben können: Ihr Mann ist als Titelhändler weltbekannt geworden. Gegen entsprechendes Entgelt hat er aus wohlhabenden Menschen Honorarkonsuln, Doktoren, Grafen, Barone und mehr werden lassen.
Seine Masche war so genial wie einträglich, wie er der AZ einmal erzählte. Nach der Schullaufbahn habe ihn seine Mutter mit Reisegeld ausgestattet: "Damit klapperte ich alle Präsidenten in Südamerika ab, damals noch mit dem Wörterbuch, weil ich – anders als meine siebensprachige Ehefrau – noch nicht so gut Spanisch und Portugiesisch konnte. Von dieser Reise habe ich die ersten Titel mitgebracht."

Die verkaufte er an seine wohlhabende (und geltungssüchtige) Klientel in Europa: "Früher kosteten Konsulate 20.000 Dollar, da stand der Dollar noch sehr gut, inzwischen ab 200.000 Dollar – und ich mache mit den Präsidenten immer noch halbe-halbe. Deswegen habe ich für sechs Leben ausgesorgt."
Hans-Hermann Weyer zeigte sich in schillernden Uniformen in Talkshows
Dabei trat Weyer nicht diskret auf. Im Gegenteil. Braungebrannt und in schillernden Uniformen war er oft Gast in Talkshows und ließ das Publikum ungeniert wissen, wie enorm sein Kontostand sich entwickle – noch dazu steuerfrei.
Auf vielen Hochglanz-Fotos posierte er mit seiner bezaubernden Christina wahlweise neben Prominenten aus aller Welt oder neben teuren Flugzeugen, die er am liebsten selbst pilotierte. Klar, dass er sich damit Neider schaffte, mehr noch als Bewunderer.

Der schöne Konsul polarisierte – allein schon wegen seiner Geschäftsmethoden und -partner: mitunter umstrittene Staatschefs oder verarmte Adlige, die zahlungskräftige "Kinder" adoptierten. "Er bediente marktführend die Eitelkeit der europäischen Elite" – so beschreibt es Christina Weyer im Rückblick: "Er war ein Dekorateur der deutschen Gesellschaft."
"Die doofen Söhne aus bestem Hause haben bei mir abgeschrieben"
Dabei waren die Startbedingungen ihres Mannes damals, in den Wirtschaftswunderjahren nach dem Zweiten Weltkrieg, gar nicht so vielversprechend gewesen.
"Mein Vater war nach dem Krieg zehn Jahre in russischer Gefangenschaft", hat Weyer der Abendzeitung vor ein paar Jahren erzählt: "Meine Mutter wusste sich zu helfen und ist mit dem britischen Stadtkommandanten von Berlin durchgebrannt. Vom Haushaltsgeld hat sie meinem Bruder und mir das teure Internat bezahlt. So mies ging meine Karriere los. Herr Grundig und die anderen doofen Söhne aus bestem Hause haben bei mir abgeschrieben. Das war mein erstes Zubrot."

"Ich bin wie Greta Garbo": Sein Alter kannte nur Konsul Weyer selbst
Aus dem gewitzten Bub erwuchs dann ein Paradiesvogel, der stolz und unbeirrt durch den Jetset flirrte und düste. Der in Südamerika und Afrika Geschäftspartner hatte und in den Metropolen des Westens am liebsten an der Seite von Sport- und Filmstars in die Kameras lächelte. Nur bei einem Thema hörte der Spaß auf bei Hans-Hermann Weyer: wenn es um sein Alter ging. Das mochte er partout nicht verraten. Auf den tadellosen Führungszeugnissen, die er zum Beweis seiner Ehrenhaftigkeit gern verschickte, war sein Geburtsjahr stets akkurat geschwärzt.
"Ich bin wie Greta Garbo", hat Weyer in seinem letzten Interview mit der Abendzeitung gesagt: "Ich will, dass die Leute mich als tollen Hecht in Erinnerung behalten." Darum bleibt sein Alter (das womöglich nur er selbst kannte) an dieser Stelle unerwähnt. Ein so buntes, erfülltes Leben, wie er es geführt hat, lässt sich in Zahlen ohnehin nicht messen.