Der lässige Laberschuppen

Im k&k ist das junge Publikum so irre cool – und hat deshalb keine Energie zum Tanzen. Auch Fotos sind hier nicht erwünscht, denn nichts soll für die Ewigkeit festgehalten werden.
Als Vorbereitung auf den Club k&k im Gärtnerplatzviertel erweist sich Arthur Schnitzlers Novelle vom „Leutnant Gustl“ als erhellend. In dieser irrlichtert ein junger k&k (kaiserlich und königlicher) Offizier durch das Wien um 1900, tief verstört, nach einem Streit mit einem Bürgerlichen und demmissglückten Versuch dabei den Säbel zu zücken.
Eine metaphorische Entmannung, die den Burschen beinahe in den Selbstmord treibt.
Derlei Tragödien spielen sich im k&k (noch) nicht ab. Dennoch pflegen die hier verkehrenden Hipster einen Standesdünkel, wie man ihn sonst nur zur Donau-Monarchie erlebte. Durch eine Schiebetür betritt man den verqualmten Club, nur diffuse Lichtprojektionen erhellen die Räumlichkeiten.
Auf die Frage, ob Fotos erlaubt seien, antwortet der Mann hinterm Tresen lapidar: „Wir brauchen keine Presse.“ Auch ein Annährungsversuch bei den Hofdamen der Neuzeit endet mit einer arroganten Abfuhr.
Die Einladung auf einen mittelteuren Drink schlägt die Dame mit dem Verweis auf ihr T-Shirt kühl aus. Dort steht: „For you I'm a single if your rich" (Ich bin nur zu haben, wenn du Kohle hast).
Dass im k&k gerne hippe Berliner Szene-Apostel abhängen, verwundert kaum. Als angesagten Hotspot betrachten diese den Club, weil er an prätentiöse Örtlichkeiten zuhause in Mitte erinnert. Da wären die Toilettenwände, die mit schwarzem Edding, aber nicht ohne Kunstverstand beschmiert sind; oder die „Pac- Man“-Spielautomaten – die Retro-Gemeinde liebt so was.
Weil die eigene Lässigkeit nächtefüllend auszustellen eher Arbeit als Vergnügen macht, bleibt kaum Energie fürs Tanzen. „Das hier ist eher ein Laberschuppen“, meint DJ Dan Gerous, der sich an guten Abenden zu einer Unterhaltung mit Nicht-Stammgästen herab lässt.
Mit Funk und Elektro beschallt er die Räume des ehemaligen Restaurants, in dem früher noch österreichisch- ungarische Küche serviert wurde. Heute labt sich das Publikum an vermeintlicher Coolness.Wie wenig hinter derlei Fassaden steckt, wurde am armen k &k-Offizier aufgezeigt – vor mehr als 100 Jahren.
Reinhard Keck