Den Überlebenden der Nacht ist alles egal

Stuck, Samt und viele Erinnerungen: Das Pomp in Schwabing ist schick ohne Micki. Es ist das Wohnzimmer für alle, die zu müde zum Anbiedern sind – und zu wach zum Schlafen
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Wenn die Partygänger nach Hause tingeln, treffen sich hier die letzten Harten der Nacht.
Klaus Primke Wenn die Partygänger nach Hause tingeln, treffen sich hier die letzten Harten der Nacht.

Stuck, Samt und viele Erinnerungen: Das Pomp in Schwabing ist schick ohne Micki. Es ist das Wohnzimmer für alle, die zu müde zum Anbiedern sind – und zu wach zum Schlafen

Wenn in den Clubs die Lichter langsam angehen, die Partygänger nach Hause tingeln, tröpfeln ins Pomp die letzten Harten der Nacht ein. Ein letzter Drink, ein letzter Flirtversuch, ein letzter Tanz unter Stuck und Samt.

Vorausgesetzt man kommt rein, in diese Schwabinger Bar, die kaum größer ist als ein Wohnzimmer. Der Türsteher vor dem gelackten Eingang ist streng, die Menschentraube groß – zu müde zum Anbiedern, zu wach zum Schlafen. Selbst um vier Uhr in der Früh. Man kennt sich, oder auch nicht, man drängelt nicht, bettelt nicht, streicht nur mit auf hohen Hacken über das Pflaster. Die Tür öffnet sich.

„Schön, dass ihr da seid“, sagt der Barkeeper, als ob dies das eigene Wohnzimmer wäre, ein paar Quadratmeter zuhause im Nachtleben, voll gepfropft mit Flaschen, Spiegeln – man fühlt sich wie die letzten Überlebenden einer Nacht.

Die Samtvorhänge riechen nach Makeup und altem Stoff, die Lüster klirren leise, wenn eine Hand im Tanzen zu weit nach oben greift, die barocken Bilderrahmen zittern unter den Beats von Duffy’s „Mercy“, gefolgt von Dr. Alban. „Hey, das Lied hab ich zum letzten Mal im Skilager gehört“, sagt Alex und reißt Freundin Kathy an sich – um vier in der Früh ist selbst der Musikgeschmack egal.

Erinnerungen gibt es im Pomp laufend: an die erste Platte, das alte Schwabing, an diese Mischung aus Euphorie und Melancholie, wenn es draußen viel zu schnell hell wird. Es ist schick ohne Micki – denn hier zählt nicht die Kleidung, sondern die Mischung: Ein paar Künstler, Schauspieler, Medienleute, wenige BWLer, ein paar Urgesteine, kaum Studenten.

„Wer einmal hier war, kommt wieder“, sagt Alex. „Nur nicht vor zwei, da ist nix los.“ Den Aperol Sour stellt er auf der Bar ab, als er zum Rauchen geht. Der Barkeeper hat ein Auge drauf. Doch: Wer würde im eigenen Wohnzimmer schon den Drink klauen?

Anne Kathrin Koophamel

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