Das Concierge-Comeback

Ein Trend, der wie vieles aus den USA kommt. Warum nicht nur Hotels, sondern auch immer mehr Münchner Wohnanlagen auf die persönliche Betreuung der Mieter setzen.
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Ein Trend, der wie vieles aus den USA kommt. Warum nicht nur Hotels, sondern auch immer mehr Münchner Wohnanlagen auf die persönliche Betreuung der Mieter setzen.

Manchmal ist Heinz Engelbrecht sogar Ernährungsberater. „Probiert mal Gulasch mit Nudeln“, schlug er zum Beispiel den beiden Studenten vor, die sozialwissenschaftlich geschult, aber alltagsunerfahren vor seinem Büro auftauchten. „Das klingt im ersten Moment komisch, aber Sie müssen sich vorstellen, dass diese jungen Leute das erste Mal in ihrem Leben plötzlich allein leben und sich selbst versorgen müssen“, sagt Engelbrecht. Der 66-Jährige arbeitet in der Münchner Wohnanlage MucCampus in der Moosacher Straße, die sich mit 95 Appartements speziell an Studenten richtet. Er ist der Concierge.

Der Rentner kümmert sich um die Sorgen und Wünsche der Bewohner, schaut nach dem Rechten, kontrolliert die Geräte im Fitnessbereich, den Herd in der „Cooking Lounge“, erklärt den Neuankömmlingen das Haus und sitzt gut sichtbar in seinem Büro am Eingangsbereich – ohne direkt Hausmeistertätigkeiten zu übernehmen. Den gibt’s extra. „Viele Anwohner finden es einfach schön, wenn sie nach Hause kommen und von jemandem freundlich begrüßt werden, dass es jemanden gibt, der ein offenes Auge und Ohr hat“, sagt Anamarija Orsolic von der Grundkontor AG, die sich um die Vermietung des Objekts kümmert.

Kein Einzelfall in München und in Deutschland. Immer mehr Wohnanlagen setzen heute auf den Service eines Concierges. „Der Trend ist aus den USA zu uns herübergeschwappt“, erläutert Marcus Drost vom Portal immobilienscout24.de. „Besonders im hochpreisigen Segment, bei Neubauprojekten oder aufwendigen Altbausanierungen, beobachten wir das.“

Dabei dürften die meisten hierzulande das Wort vor allem aus dem nicht mehr ganz taufrischen Hollywoodfilm „Ein Concierge zum Verlieben“ mit Michael J. Fox kennen. Der verkörpert darin einen klassischen Hotel-Concierge, hat die Empfangshalle im Blick und kennt jede Marotte der VIP-Gäste. In Frankreich ist der Concierge dagegen vor allem eine Art Hausmeister, geht einem gewerkschaftlich organisiertem Beruf nach, genießt hohes Ansehen.

Und in Deutschland? „Der Begriff hat sich bei uns noch nicht wirklich etabliert“, sagt Silke Stielow, die es wissen muss. Sie arbeitet in München als Concierge und kümmert sich derzeit vor allem um das „Isar Stadt Palais“, das 1911 als Verwaltungssitz der AOK entstand und heute 131 Altbauwohnungen bietet.

Vor drei Wochen wurde hier die Tradition des Concierges belebt. „Wer will schon um 18 Uhr losrennen, weil die Reinigung zumacht und er das Hemd am Morgen wieder braucht?!“, sagt Stielow. Sie übernimmt das für die Bewohner gegen eine Gebühr von 2,50 Euro, liefert aber auch Getränkekisten, ordert Handwerker, nimmt Pakete an, lässt Autos reparieren, besorgt Geschenke und erledigt Behördengänge. Was für ein Unterschied zum Mittelalter! Da war der Concierge ein Gefängniswärter.

Timo Lokoschat

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