Coen-Brüder: "Zur Realität halten wir großen Abstand"
Los Angeles - Die Brüder Joel (59) und Ethan (56) Coen sind bekannt für ihre eigenwilligen Filme. Sie sind meist von dunkler und eher unwirklicher Natur. Durch eine Linse versuchen sie dem Zuschauer die Möglichkeiten des Lebens zu zeigen. Auch ihr neuer Film "Inside Llewyn Davis" macht da keine Ausnahme. Ein mit sich selbst kämpfender Folk-Musiker stolpert von einem Missgeschick ins nächste. Mit der Nachrichtenagentur spot on news sprachen die ebenso erfolgreichen wie unorthodoxen Anti-Mainstream-Brüder über ihren neuen Film und welche Rolle das Glück in ihrer Karriere gespielt hat.
Den Soundtrack zum neuen Film der Coen-Brüder "Inside Llewyn Davis" finden Sie hier
Fangen wir mit dem offensichtlichsten an: In diesem Film spielt eine Katze mit!
Ethan Coen: Ja. Mit Tieren zu filmen ist einfach frustrierend. Man macht es eigentlich nur, weil die Menschen süße Katzenvideos lieben! Nein, Spaß beiseite, der Hauptcharakter hat einfach Schwierigkeiten mit Menschen. Mit der Katze kann er eine ganz simple Beziehung führen. Als wir das Drehbuch geschrieben haben, fanden wir die Idee super. Doch dann hat uns schnell die Realität eingeholt.
Also machen Sie das nie wieder?
Ethan: Nein, nie wieder!
Joel Coen: Wir haben schon einmal mit einer Katze gedreht. Aber wir haben einfach nichts daraus gelernt.
Fällt das Stichwort Folkmusik, denken viele sofort an Bob Dylan: Gibt es einen Grund, warum er im Film keine große Rolle spielt?
Joel: Bob Dylan sollte nur für ein paar Sekunden eine Rolle spielen. Aber natürlich wirft er einen Schatten über den ganzen Film.
Würden Sie sagen, der Film handelt von der Integrität von Künstlern?
Ethan: Nun ja, das sind tatsächlich die Bedenken des Hauptcharakters.
Wann haben Sie sich das letzte Mal selbst hintergangen?
Joel: Wir versuchen, uns seit dem Anfang unserer Karriere zu verkaufen. (lacht)
Das glaubt ihnen doch niemand!
Ethan: Doch das stimmt. (lacht) Es ist ein bisschen wie in dem Film. Man verkauft sich bis zu dem Ausmaß, mit dem man sich wohlfühlt. Jeder zieht irgendwo die Grenze.
Seit über zwanzig Jahren drehen Sie immer wieder sehr spezielle "Coen"-Filme. Ihr Name steht heutzutage für etwas!
Ethan: Die Welt hat uns auch die Möglichkeit dazu gegeben. In der Hinsicht hatten wir sehr viel Glück.
Joel: Man sollte die Rolle, die das Glück in unseren Leben spielt, nicht unterschätzen. Eine der Grundideen für diesen Film war, dass viele Menschen zwar sehr gut sind, in dem was sie tun, aber nicht zwangsläufig erfolgreich damit sind. Wieso nicht? Es ist eine interessante Begebenheit, wenn so etwas passiert. Für mich ist das rückblickend die Hauptfrage im Film. Es ist zwar ein Film über einen Verlierer, aber einen sehr talentierten.
Haben Sie John Goodmans Charakter explizit für ihn geschrieben?
Ethan: An einem bestimmten Punkt beim Schreiben dachten wir: Das ist für John. Den sollte er spielen.
Es ist schon das sechste Mal, dass er mit Ihnen zusammenarbeitet.
Ethan: Ja? Ja. Könnte sein.
Was ist so faszinierend an ihm, dass Sie ihn immer wieder mit einbeziehen?
Joel: Wir arbeiten schon seit 30 Jahren mit ihm zusammen. Wir arbeiten generell immer mal wieder mit denselben Leuten. Wenn man einmal herausgefunden hat, dass die Beziehung passt, man quasi seelenverwandt ist, kann man sehr produktiv arbeiten. Es baut sich auch eine intensive Freundschaft auf.
Arbeiten Sie momentan an etwas?
Joel: Ja, wir arbeiten an mehreren Sachen. Aber wir wissen noch nicht genau, was passiert.
Was inspiriert Sie?
Ethan: Das ist eine gute Frage.
Vielleicht die Realität?
Joel: Nein. Nicht die Realität!
Ethan: Zur Realität halten wir großen Abstand. (beide lachen)
Joel: So viele Dinge inspirieren uns. Wir sind offen für alles: Musik, Bücher, Filme, alles eigentlich.
Ethan: Was einen interessiert, interessiert einen eben.
Haben Sie einen Lieblingsautor?
Joel: Nein. Es sind einfach zu viele.
Vielleicht einen deutschen Lieblingsautor?
Ethan: Keine einfache Frage. Kafka, aber der war kein Deutscher.
Aber Sie lesen viel?
Ethan: Anscheinend nicht. (lacht)
Was ist denn Ihre Lebensphilosophie?
Joel: Oh nein. Gehen wir doch lieber zurück zur letzten Frage! (beide lachen)
Haben Sie eine Lieblingsszene aus einem Ihrer Filme?
Joel: Oh Gott. das ist wirklich ein schwieriges Interview.
Ethan: Die wahre Antwort ist, dass wir nicht über die Sachen nachdenken, sobald wir mit ihnen fertig sind.
Joel: Und was ist die unwahre Antwort? Ich habe aber auch keinen Favoriten. Wenn man seine alten Sachen anschaut, sieht man immer nur die Fehler. Die Dinge, die schiefgelaufen sind.
Ihrer Meinung nach haben Ihre Filme also viele Fehler?
Joel: Es gibt immer irgendetwas. Kleine Mängel oder auch größere.
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