Casper: "Ich habe absoluten Frieden mit meiner Situation gefunden"
Der Countdown läuft: In genau einer Woche erscheint das heiß gehandelte neue Album von Casper. Im "Hinterland" Berlin traf sich der Rapper mit spot on news und sprach über das neue Album, sein Gesangstalent und die anstehenden Wahlen.
Berlin - Verständlich, dass der 30-jährige Rapper Casper kurz vor seinem eigenen Auftritt auf dem Berlin Festival ein wenig gestresst und leicht heißer ist: Er ist mit seiner neuen Platte "Hinterland", die am 27. September erscheint, gefragt wie nie und springt von einem Termin zum nächsten. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news spricht der Rapper über seine musikalische Entwicklung, eine wütende Generation und Politik.
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Casper auf dem Berlin-Festival - ein Heimspiel für Sie oder sind Sie sehr aufgeregt?
Casper: Dass wir hier spielen, wird, glaube ich, mit gemischter Resonanz aufgenommen. Deswegen kann ich nicht von einem entspannten Heimspiel sprechen. Aber ich Freude mich sehr darauf.
Nicht das erste Mal, dass Sie für Ihre Musik angegriffen werden: Teile der Hip-Hop-Szene kritisieren Sie, sehen Sie nicht als Rapper - und jetzt, auf Ihrer neuen Platte "Hinterland" erinnern Sie tatsächlich mehr an einen Singer-Songwriter - haben die Kritiker Recht behalten?
Casper: Die Idee war von Anfang an, dass ich jetzt mehr in die Folk-Richtung gehen will. Dass ich die Gesangsparts aber tatsächlich selbst singe, war die Idee von Markus Ganter, meinem neuen Produzenten. Ich würde nicht sagen, dass ich perfekt singen kann. So, wie man es auf der Platte hört, ist es authentisch. Da musste nichts bearbeitet werden, und das ist genau das, was ich wollte. Ich sehe mich grundsätzlich als Singer-Songwriter, der weder singen, noch ein Instrument spielen kann. Deswegen bin ich irgendwann Rapper geworden!
Ihre Texte sind oft sehr schwermütig, voll von Pathos - parallel dazu gibt es Künstler, wie MC Fitti oder Cro, die mit dir in den Charts sind - wie ordnen Sie sich da ein?
Casper: Ich finde es großartig! Rap war noch nie so groß wie heute, noch nie so divers, und alles davon hat seine Berechtigung.
In der Single "Ascheregen" gibt es die Zeile "Die Stadt muss brennen", auch in früheren Liedern geht es wütend zu - hat Ihnen als Musiker schon mal jemand vorgeworfen, dass Sie zum Steine schmeißen anstiften?
Casper: (erstaunt) Findest du es wütend, wirklich? So will ich eigentlich nicht wirken. Und so direkt hat mir das noch niemand vorgeworfen. Aber ein Song von mir wurde schon mal für einen Trailer zu einer Demonstration zum 1. Mai hergenommen.
Ist Ihnen so etwas recht?
Casper: Ich fand es okay! Solche Zeilen sind nicht so animierend gemeint, ich bin auch kein gewalttätiger Mensch. Aber ich komme aus der Punkrockszene, und dort werden solche extremen Bilder in Songs verwendet, um eine gewisse Stimmung zu schaffen. Wenn ich früher mit den Jungs um die Häuser gezogen bin, dann ging es einfach darum, aufzufallen und laut zu sein.
Fühlen Sie sich als Stimme einer Generation, die vielleicht sehr wütend ist?
Casper: Wenn ich so gesehen werde, finde ich das sehr schmeichelhaft. Ich habe das Gefühl, dass die jetzige Jugend eine Art Jet-Set-Generation ist und noch mehr als früher darauf aus ist, zu feiern. Sich weniger mit gesellschaftlichen Themen auseinandersetzt. Aber ich sage nicht, dass früher alles besser war, die Jugend sich mehr engagiert hat. Die eine Art zu leben ist nicht schlechter, als die andere. Es ist einfach so. Und jede Jugend hat eine gewisse Wut in sich. Das ist ein Lebensabschnitt, den jeder durchmacht, kein Kennzeichen einer bestimmten Generation. Was ich schlimm finde ist, zu merken, dass ich langsam die gleichen Phrasen dresche, wie meine Eltern. Aber ich glaube, das kommt mit dem Alter einfach. (lacht)
Die wichtigen Bundestagswahlen stehen am 22. September an - können Sie nachvollziehen, dass junge Menschen politikmüde sind?
Casper: Ich kann es sehr gut nachvollziehen, weil die Politik, nach meinem Verständnis, gerade zu weit weg von den Menschen ist. Aber es ist wichtig, wählen zu gehen! Als Musiker bin ich mir meiner Verantwortung sehr bewusst, würde ich mich jetzt öffentlich zu einer Partei bekennen. Aber ich will mich nicht von einer Richtung instrumentalisieren lassen. Als Privatperson bin ich politisch sehr interessiert.
Ihr Aufstieg in der Musikwelt ist noch gar nicht lange her, kam mit der vorigen Platte "XOXO" 2011. Dann ging alles sehr schnell steil bergauf für Sie...
Casper: Ja, es ging schnell und seitdem bin ich einfach nicht mehr der Untergrund-Musiker, der ich davor war. Das wird mir immer wieder bewusst. Momentan geht wirklich alles zack-zack! Ich bin seit Monaten auf Promo-Tour, parallel bereiten wir die Herbst-Tournee durch richtig große Hallen vor und ich schreibe schon wieder an neuer Musik...
Kommen Sie noch hinterher oder haben Sie Angst vor einem Burn-Out?
Casper: Es geht zwar gerade alles sehr schnell, aber es funktioniert auch alles sehr gut. Ich habe ein tolles Team um mich, meine Band und - nicht zu vergessen - eine wirklich gute Fangemeinde. Das fasziniert mich wirklich und macht mich sehr glücklich. Ich glaube, ein Burn-Out droht dann, wenn man eine Unzufriedenheit spürt. Aber ich hetze lieber von Interview zu Interview, als zu merken, dass sich keiner für meine Statements und meine Musik interessiert.
Das letzte Lied auf "Hinterland" heißt "Endlich angekommen" - fühlen Sie sich so?
Casper: Ich habe gerade totalen Frieden mit meiner Situation, insofern fühle ich mich sehr angekommen. Was ich jetzt erlebe in der Musik, davon habe ich mit 16 geträumt, und mein Privatleben läuft auch toll - also wie könnte ich mich beschweren? Es ist alles gut!
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