Bernhard Fricke: Rebell ohne Bodenhaftung
Rückkehr ins Rathaus: Bernhard Fricke wird zu seinem 60. Geburtstag im Sitzungssaal zum Weingott gekrönt – Gratulation für ein Enfant terrible
Er war einer der schillerndsten Figuren der Münchner Stadtpolitik, besetzte Bäume, fuhr Seilbahn mit seinem geliebten Schaf Seraphina, war im Rat lange das Zünglein an der Waage: Gestern ist der Rechtsanwalt und Politiker Bernhard Fricke 60 Jahre alt geworden und wurde im Großen Sitzungssaal des Rathauses von Anhängern zum Weingott gekrönt.
Die Sollner Künstlerin und Mal-Lehrerin Antje Tesche-Mentzen hatte Fricke zum Auftakt der Feierstunde mit Reben und Laub bekränzt – das Enfant Terrible der Münchner Kommunalpolitik als Dionysos. Das dionysische Prinzip – die Versöhnung zwischen den Menschen und der Natur – ist Fricke nicht fremd: Als Wortführer der Initiative David gegen Goliath hat er nach Tschernobyl gegen Atomkraft gekämpft und wurde vor 20 Jahren in den Stadtrat gewählt, wo er der Verwaltung mit einer Flut von Vorschlägen auf den Wecker ging.
Er wollte das Lachen im Öffentlichen Dienst verordnen, setzte durch, dass Franz Beckenbauer sich wegen seiner nicht ganz ernst gemeinten Idee, das Olympiastadion in die Luft zu sprengen, entschuldigen musste. Und besetzte in weiser Vorausahnung über Tage hinweg einen Baum, der der Schrannenhalle weichen musste. Fricke wurde belächelt, aber auch gebraucht – in der Regenbogen-Koalition Mitte der 90er hielt seine Stimme Oberbürgermeister Christian Ude an der Macht.
„Ich war immer da, wenn ich gebraucht wurde“, sagte Fricke auch deswegen an Ude gewandt. Der OB – aber auch KVR-Chef Wilfried Blume-Beyerle und Stadtwerke-Boss Kurt Mühlhäuser – waren persönlich zum Gratulieren vorbei gekommen. Ude frotzelte wohlmeinend: „Du warst der einzige, der den Sitzungssaal leerreden konnte. Wenn du gesprochen hast, haben sich die meisten Stadträte ins Weißwurst-Zimmer zurückgezogen. Dass jetzt bei deiner Rede immer mehr Menschen in den Saal geströmt sind, ist wahrlich ein Triumph.“ Er erinnerte an Frickes waghalsige Baumbesetzung und daran wie er ihn mit den Worten beruhigte: „Keine Angst, ich mache Seraphina nicht zur Witwe.“ Bernhard Fricke – schon damals ein Rebell ohne Bodenhaftung.
Aber jemand, der durchaus vermisst wird, seit er 2002 dem Stadtrat Adieu sagen musste – zum Beispiel von Konstantin Wecker, der seine Tour für den Geburtstagsempfang unterbrochen hat: „Er ist und war immer ein aufrechter Streiter für die Gerechtigkeit, auch wenn ihm manchmal Hohn und Spott entgegen geschlagen ist. Das imponiert mir“, sagte er. tha