AZ-Besuch bei Rinaldo Talamonti: Der Kult-Schauspieler und Kult-Wirt wird 75

Kult-Schauspieler und Kult-Wirt: Heute wird Rinaldo Talamonti 75 Jahre alt - die AZ hat ihn daheim in San Benedetto del Tronto besucht.
Adrian Prechtel
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Das kann sich doch sehen lassen: Rinaldo Talamonti vor dem Pool seines Landhauses in Monteprandone, das meist vermietet ist.
Das kann sich doch sehen lassen: Rinaldo Talamonti vor dem Pool seines Landhauses in Monteprandone, das meist vermietet ist. © Prechtel

Hier an der Küstenstraße zwischen Ancona und Pescara steht der Grundschulbau, ein paar Meter weiter das Haus vom Großvater, das der Tante und dort das einer anderen Tante. "300 Familien", erzählt Rinaldo Talamonti im Cafe delle Rose, "waren wir hier". Und es ist bezeichnend, dass hier nicht die Einwohnerzahl zählte, sondern die Familie die Grundeinheit bildete: "Für mich war das hier eine große Stadt - bis ich mit 17 Jahren nach München kam."

Rinaldo Talamonti hat den Kontakt mit San Benedetto del Tronto immer gehalten, hat hier eine Sommerwohnung, wenn sein schönes Landhaus oben in den Hügeln, in Monteprandone, gerade vermietet ist.

Die Geschichte, dass er aufs Priesterseminar sollte, kann er bestätigen: "Aber ich war schon als Junge mit neun oder zehn Jahren so stark von einer 17-jährigen Novizin angezogen, die in der Kirche vor mir kniete…. Es war klar, dass ich das nie wollte."

Und der Latin Lover in den ersten "Sexy-Streifen" der Bundesrepublik, wie er sie nennt, war dann auch erst einmal das Kontrastprogramm: "Natürlich waren diese Filme Masse statt Klasse: 300.000 Euro Kosten, etwas über 20 Drehtage - und ab ins Kino! Es war eine verrückte und lustige Zeit."

Talamonti: Erotik-Streifen und High Heels

Talamonti erinnert sich: "Filme wurden damals noch zensiert: Nur über der Gürtellinie, und alles andere nur sekundenweise. Also, was sollte man machen? Alois Brummer hat mit unserem ersten Film 'Graf Porno und seine Mädchen' dann vier Millionen Mark verdient."

Seine Rolle? "Ich war als tollpatschiger Detektiv auf der Jagd nach dem umstrittenen Grafen eingesetzt. Eine Buffo-Rolle, die etwas vom Sexuellen in der damaligen Prüderie ablenken sollte. Diese Rolle ist mir dann geblieben."

1974 im Sex-Filmchen "Auf der Alm da gibt s koa Sünd": Rinaldo Talamonti (r.) mit Gerd Eichen und Sissy Löwinger.
1974 im Sex-Filmchen "Auf der Alm da gibt s koa Sünd": Rinaldo Talamonti (r.) mit Gerd Eichen und Sissy Löwinger. © imago/United Archives

Talamonti ist es aber wichtig, dass es ein Leben nach diesen 48 (!) Erotikfilmen gab. Talamonti war mit seiner Frau Roswitha auch Vertreter der italienischen Schuhindustrie - weit über Deutschland hinaus. "Meine Rau Roswitha und ich haben auch selbst entworfen und produzieren lassen. Auch das Klack-Klack-Klack von 12-Zentimeter-Stilettos mit unserem Stahlstift im Absatz war unsere Melodie. Und als wir früh Stiefel bis zum Oberschenkel entwarfen, die gut zu den Miniröcken passten, waren wir stolz."

München hat Talamonti nie völlig aufgegeben: "Ich habe da zu viele Freunde". In Salzburg, der Heimat seiner geliebten Frau, hat er eine Wohnung. Aber seit ihrem Tod vor anderthalb Jahren hat er sich wieder Italien zugewandt. Und es ist interessant zu sehen, wie viele ihn grüßen und ansprechen, wenn man mit ihm auf einem der vielen Straßenfeste - einer Sagra - ist.

Bis 2012 Wirte in der Hochbrückenstraße: Rinaldo und Roswitha Talamonti damals vor ihrem Lokal.
Bis 2012 Wirte in der Hochbrückenstraße: Rinaldo und Roswitha Talamonti damals vor ihrem Lokal. © imago/stock&people

Er lacht darüber auch: "Hier haben sie später gehört, dass ich 50 Filme gemacht habe, ein bekanntes Lokal in München hatte und so weiter. Sie bewundern das, haben keine Ahnung und sind natürlich oft neidisch, weil ich das Kuckucksnest verlassen habe."

Als vor einigen Jahren der Mafiafilm "La corona spezzata" gedreht wurde, spielte Talamonti den Don Carmelo, einen Paten der apulischen Mafia. Der Produzent aber war ein hochstaplerischer Träumer, hatte nur privat 20.000 Euro eingesetzt, so dass nach wenigen Tagen der Dreh zusammenbrach.

"Das Team war am Ende, ein finanzielles Desaster." Talamonti schoss eigenes Geld zu, kaufte mit dem Regisseur die Rechte und zusammen stellten sie den Film fertig. "Jetzt will eine amerikanische Plattform ihn vielleicht in sein Portfolio aufnehmen… Und weil ich am Ende nur angeschossen bin ohne rituellen Gnadenschuss, könnten wir einen zweiten Teil…", deutet Talamonti schmunzelnd an.

Talamontis Geburtstagspläne? Essen gehen mit Bruder und Schwester

Inzwischen hat Talamonti in einem jahrelangen Ringen seine Filmbiografie der späten 60er und der 70er-Jahre verfasst, "um einfach mal die reine Wahrheit über diese Dreharbeiten zu erzählen, um die ja die wildesten Fantasien kreisen." Sein lustig von italienischem Satzbau durchsetztes Deutsch hat er dabei andeutungsweise belassen: "Jetzt fehlt noch das 'Amen' des Verlegers."

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Heute wird Rinaldo Talamonti 75 Jahre. Ob er seinen Ehrentag groß feiert? "Ich gehe auch gerne mal allein in Lokale und probiere sie aus. Aber an meinem Geburtstag würde das dann doch etwas merkwürdig sein, oder? Ich gehe also mit meiner Schwester und meinem Bruder essen, vielleicht mal kein Fischlokal. Fisch haben wir seit Kindertagen immer gehabt. Ich gehe vielleicht ins 'Borgo Antico' zu einem Freund."

Diese Trattoria liegt in der kleinen mittelalterlichen Nachbarstadt Grottammare, "wo meine Familie auch ursprünglich herkommt".

Ein amerikanisches Filmangebot hat Talamonti bekommen: "Es wäre Chicago!", sagt er stolz - und eine Autobiografie ist auch in der Mache: "München wird da als meine zweite Heimat sehr gut wegkommen, auch wenn ich mich noch recht gut an Schilder erinnern kann wie dieses: ,Italiener dürfen dieses Lokal nicht betreten'".

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