Autor und Blog-Pionier T.C. Boyle hadert mit dem Internet

Schon in den späten 1990ern hat der amerikanische Bestseller-Autor T.C. Boyle mit dem Bloggen begonnen. Trotzdem steht er dem Medium Internet bisweilen ratlos gegenüber - zum Beispiel wenn es um die Frage geht, wie dort tatsächlich lesenswerte literarische Texte zu finden sind.
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Man sollte meinen, der Mann wäre in Sachen Internet ein Crack - oder vielleicht sogar ein Nerd. Tatsächlich (oder: trotzdem) stellt das Netz auch Bestseller-Autor T.C. Boyle (64, "Dr. Sex") immer wieder vor Rätsel. Obwohl er bereits 1999 begonnen hat, selber zu bloggen und damit der Online-Pionier unter den Literaten war.

T.C. Boyles aktuelles Buch "San Miguel" ist ein waschechter historischer Roman auf Basis realer Tagebuchaufzeichnungen - hier können Sie hineinlesen

Gedanken macht er sich vor allem über die Fragen, wie online lesenswerte Texte zu finden sind und wie der Journalismus in der digitalen Welt überleben kann. Außerdem zeigt er sich betrübt darüber, dass das Netz viele reale Treffpunkte hat verschwinden lassen, wie er in einem Interview mit der Zeitung "Welt am Sonntag" verraten hat.

So sagte Boyle etwa, er schätze gewisse literarische Erscheinungen des Netzzeitalters wie den "Twitter-Roman" von Autorin Jennifer Egan. "Ansonsten herrscht für mich im Internet selbst komplettes Chaos", betonte er. "Ich frage mich immer wieder, wo ich in diesem riesigen Trog mit saurer Milch das Sahnehäubchen finde - Literatur, die über den Moment des Publizierens hinaus im Netz eine Wirkung hat." Ein Problem, das so einigen Nutzern bekannt vorkommen dürfte.

Ebenfalls ungelöst scheint für Boyle die Frage, wie der Journalismus im Online-Zeitalter überleben könne. "Es war eben fatal, journalistische Informationen seit Jahren umsonst online anzubieten", findet der Autor: "Jetzt erwarten alle Leser, dass diese Gratis-Kultur bestehen bleibt". Hoffnungen setzt er immerhin in Amazon-Boss Jeff Bezos, der unlängst die renommierte Tageszeitung "Washington Post" in seinen Besitz brachte. Eine positive Entwicklung sei möglich, wenn es Bezos gelinge "den Apparat seines Konzerns mit den journalistischen Inhalten einer Tageszeitung zu vermählen".

Ansonsten wünscht sich Boyle bisweilen ein wenig mehr Offline-Leben: "Die Leute verbringen einfach mehr Zeit als bisher vor den PC- und Tablet-Schirmen, gehen nicht mehr so oft raus", schildert er seinen Eindruck. "Viele öffentliche Plätze, die ich gerne aufsuchte, gibt es nicht mehr, Video- oder Plattenläden beispielsweise sind weitgehend verschwunden." Sein eigenes Motto fasst er so zusammen: "Wildnis statt W-Lan - wir müssen auch mal den Stecker ziehen." Entsprechend sei sein eigener Blog bis heute für ihn zwar Spaß, oft aber auch "eine lästige Hausaufgabe".

Boyle hat jüngst den Roman "San Miguel" veröffentlicht und befindet sich im September in Deutschland auf Lesereise. Darüber hinaus arbeitet er bereits an seinem nächsten Buch, wie er der Sonntagszeitung weiter verriet - seinen Angaben zufolge soll das Werk den Titel "The harder they come" tragen und sich mit "Gewalt in Amerika", konkret einem weißen Amokschützen, befassen.

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