Arthur Abraham: "15 Jahre habe ich meine Familie fast nie gesehen"

Er war einer der erfolgreichsten Boxer Deutschlands, Weltmeister im Mittel- und Supermittelgewicht und bekannt für seine unerschütterliche Willenskraft: Arthur Abraham (45) hat im Ring alles erreicht. Heute steht der gebürtige Armenier in einer neuen Lebensphase - als Unternehmer, Familienmensch und gefragter Motivationsredner.
Unter dem Motto "Fight for your dreams - Durchboxen zum Erfolg" trat Abraham beim GfK-Wirtschaftstreff und Innovationspreis in Köln auf. Das Event gehört zu den wichtigsten Veranstaltungen für Start-ups, Unternehmer und Investoren. Die GfK Gesellschaft für Kreditversicherungsservice vergibt beim Event Preisgelder und Förderungen im Wert von bis zu 100.000 Euro an europäische Start-ups. Winfried Vogt, Gründer der GfK und des Entrepreneurs.Club, erklärt: "Es war mir eine besondere Ehre, Arthur Abraham auf unserem Event als Speaker und Ehrengast an Bord zu haben. Er hatte das perfekte Motto für die Start-ups parat: 'Mit Disziplin, Durchhaltevermögen und Teamgeist niemals aufgeben, immer weiterkämpfen.'"
Im Interview am Rande der Veranstaltung spricht Abraham über sein Leben nach dem Boxen, seine Freundschaft zu Til Schweiger (61), die Bedeutung von Disziplin und warum Familie und Freunde für ihn heute an erster Stelle stehen.
Vermissen Sie manchmal den Boxring oder das Adrenalin großer Kämpfe?
Arthur Abraham: Ich vermisse den Boxring und das Adrenalin sehr. Aber am meisten fehlt mir der Moment nach dem Kampf - wenn meine Hand zum Sieg hochgehoben wurde und zehntausende Fans mitfieberten. Das war ein unvergessliches Gefühl.
Welche Momente Ihrer Boxkarriere sind für Sie bis heute die prägendsten?
Abraham: Mein erster Boxkampf war für mich der wichtigste Moment überhaupt. Damals war ich extrem aufgeregt. Besonders prägend war auch der Kampf 2006 in Wetzlar, als ich mir den Kiefer brach - und trotzdem acht Runden weiterboxte, obwohl ich fast zwei Liter Blut verlor. Das war eine der schwersten Erfahrungen meiner Karriere. Auch die Titel in zwei verschiedenen Gewichtsklassen waren etwas Besonderes, aber danach wurde es für mich fast zur Normalität, Weltmeister zu sein.
Werden Sie auch heute noch häufig auf Ihre Zeit als Profi-Boxer angesprochen?
Abraham: Natürlich - ein Boxer bleibt immer Boxer. Die Menschen sprechen mich bis heute auf das Boxen an, nicht auf Politik.
Welche Bedeutung hat das Boxen aktuell noch in Ihrem Leben - privat wie beruflich?
Abraham: Ich trainiere drei- bis viermal pro Woche, aber nur noch hobbymäßig. Beruflich boxe ich nicht mehr. Mein Training ist ein Mix aus Boxen, Fitnessstudio und Laufen.
Nach Ihrem Karriereende haben Sie sich als Geschäftsmann, unter anderem im Immobilienbereich, etabliert. Was war für Sie die größte Herausforderung beim Schritt vom Profisport in die Wirtschaft?
Abraham: Als Profiboxer musst du natürlich auch an die Zukunft denken. Ich habe mein Geld daher in Immobilien und Hotellerie investiert - das bringt ein passives Einkommen, um das sich hauptsächlich die Hausverwaltung oder meine Mitarbeiter kümmern. Hätte ich damals noch mehr gekämpft, hätte ich auch noch stärker investiert, denn dieser Bereich ist ein sehr stabiles Geschäft.
Sie sind inzwischen auch als "Sport-Speaker" gefragt. Welche Botschaften möchten Sie in Ihren Vorträgen besonders vermitteln?
Abraham: In meinen Vorträgen vermittle ich Motivation, Ehrgeiz und den Willen, niemals aufzugeben. Für mich gibt es nur kämpfen oder aufgeben - dazwischen nichts. Dieses Gefühl, das ich im Boxring und beim Training erlebt habe, gebe ich an die Zuhörer weiter.
Welchen Rat geben Sie jungen Sportlern, die ihre Zukunft nach der aktiven Karriere planen?
Abraham: Wenn du ein Ziel hast, musst du dafür kämpfen - bis du es erreichst. Mein Rat lautet: Niemals aufgeben, egal wie hart es wird. Für mich zählt nur eins - kämpfen bis zum Ende.
Viele Ex-Sportler zieht es ins Fernsehen. Sie selbst traten vor einigen Jahren bei "Let's Dance" an. Könnten Sie sich weitere Engagements im Fernsehen vorstellen?
Abraham: Ja, warum nicht? Als Boxexperte werde ich oft angefragt - das mache ich gerne, weil ich mich damit auskenne. Ich hatte schon viele TV-Auftritte. Wenn eine gute Anfrage kommt, bin ich dabei. Wenn nicht, ist das auch in Ordnung. Ich bin davon nicht abhängig.
Sie standen auch für Til Schweiger mehrfach vor der Kamera. Haben Sie noch Kontakt zu ihm?
Abraham: Ich habe einen sehr guten Kontakt zu Til Schweiger. Ich respektiere ihn, weil er ein Fachmann im Filmbereich und außerdem ein großer Boxfan ist. Er ist einfach ein sympathischer Mensch.
Welche Pläne und Visionen verfolgen Sie mit Ihren aktuellen Projekten, und wo sehen Sie sich in den nächsten Jahren?
Abraham: Mein größter Plan heute sind meine Kinder und meine Familie. Viele Jahre hatte ich kaum Zeit für sie, weil ich sieben bis acht Monate im Jahr im Trainingslager war. Rund 15 Jahre habe ich meine Familie fast nie gesehen. Jetzt versuche ich, so viel Zeit wie möglich mit ihnen und mit meinen Freunden zu verbringen. Arbeit gibt es immer - ständig entsteht etwas Neues. Familie, Freunde und Arbeit sind mir wichtig, alles andere kommt von selbst.