Harte Worte von TV-Star Annette Frier: Viele Kolleginnen sind arbeitslos

Annette Frier (51) bekommt bei Sat.1 eine eigene Serie. Im AZ-Gespräch verrät der TV-Star, wie viel in ihrer neuen Serie tatsächlich wahr ist, warum ihre Schwester mitspielen musste und weshalb Midlife-Crisis nicht nur Männersache ist.
von  Sven Geißelhardt
"Frier und Fünfzig" heißt die neue, eigene Serie von Annette Frier
"Frier und Fünfzig" heißt die neue, eigene Serie von Annette Frier © BrauerPhotos/G.Nitschke

AZ: Liebe Frau Frier, über das Alter spricht man ab einer gewissen Zahl eigentlich nicht mehr, aber Ihre neue Serie heißt "Frier und Fünfzig – Am Ende meiner Tage". Wie haben Sie den Übergang zur großen 50 erlebt?
ANNETTE FRIER: Super, aber ich habe mich auch monatelang darauf vorbereitet. Eigentlich wollte ich verreisen, habe dann aber spontan eine Party-Einladung ausgesprochen und die haben wir auch gefeiert. Sehr ausschweifend und schön. Ich musste mich da bisschen reinspüren, die 50 ist schon eine Zahl. Ich bin sonst überhaupt nicht so, eigentlich interessieren mich Zahlen nicht. Aber ich habe gemerkt: Hier passiert was Neues. Eine Lebensphase löst die andere ab. Daher ist das Thema auch so gut geeignet für einen Serien-Stoff.

Annette Frier in neuer Sat.1-Serie "Frier und Fünfzig"

Sie spielen sich selbst in der Serie – wie sehr muss man in diesem Fall überhaupt "spielen"? Oder ist man einfach man selbst vor der Kamera?
Es ist auf jeden Fall eine Entscheidung, das zu machen und die haben wir bewusst gefällt. Mir war trotzdem nicht klar, was das bedeutet, wenn ich mit meiner echten Schwester Caro dann auch Annette und Caro Frier in einer fiktiven Familienrealität spiele. Beim Drehen habe ich immer wieder gedacht: Oh Gott, da haben wir uns aber verhoben. Wo soll das denn nur hinführen?
 
Und wie ist es dann tatsächlich gelaufen?
Rückblickend bin ich sehr froh. Man durchläuft einen Prozess. Ich habe gespürt, dass diese Lebensphase zu besonders ist, als sie einfach vorbeiziehen zu lassen. Wir hatten überlegt, ob ich vielleicht Silvia Müller o.ä. heiße, kamen aber zu dem Schluss, dass die Showbranche das perfekte Setting ist, denn hier ist die Sehnsucht nach ewiger Jugend natürlich allgegenwärtig. 

"Bei 'Pastewka' habe ich mich auch selbst gespielt, aber als richtig blöde Nuss"

Stargäste wie Barbara Schöneberger, Cordula Stratmann und Sebastian Pufpaff spielen sich in der Serie selbst. Wie realistisch oder überspitzt sind die Szenen mit den Promis dargestellt?
Wenn man sich selbst spielt, hat man die schöne Möglichkeit zur Übertreibung. Bei "Pastewka" habe ich mich auch selbst gespielt, aber als richtig blöde Nuss. Das hat großen Spaß gemacht. Wenn es ohnehin selbstreferentiell wird, sollte man auch die Eier haben, zu sagen: unangenehm! Was davon stimmt und was nicht, ist letztlich egal. Meine Gäste wussten, dass sie geladen sind, um nicht die beste Version von sich selbst zu spielen – gerade das ist ja der fiese Spaß. Ich kann mich nur bedanken, dass die prominenten Kolleginnen Bock hatten, das zu tun.

Kollege sagt ab Annette Frier: "Bei allen Frauen habe ich Zusagen bekommen"

Gab es auch jemanden, der sich selbst nicht in einer übertriebenen Version spielen wollte?
Ich hab natürlich mit allen vorab Gespräche geführt, viele kenne ich schon lange, die wussten also, worauf sie sich einlassen. Ich glaube, es gab nur eine Absage von einem Kollegen, da war ich vielleicht ein bisschen enttäuscht, konnte die begründete Absage aber locker wegstecken. PS: Bei allen Frauen habe ich übrigens Zusagen bekommen. Solidarnosz!
 
Wer hat Ihnen denn eine Absage erteilt?
(Lacht) Da darf ich doch nicht drüber reden.
 
Ihr Ehemann und ihre Tochter werden von Alexander Khuon und Maria Matschke dargestellt. Stand mal die Überlegung im Raum, ihre echte Familie mit vor die Kamera zu holen?
Nein, das stand noch nicht mal zur Disposition. Das sind das lauter Leute, die mir den Vogel gezeigt und gesagt hätten: "Da kannst du dir ruhig ein paar andere suchen, die das für dich machen." (Lacht) Das war auch nie die Intention. Meine Schwester ist eine großartige Schauspielerin, also ist sie dabei. Aber warum sollte mein Ehemann und meine Kinder in meiner Serie mitspielen? Ist doch keine Home Story.
 
Haben Sie Ihre Schwester Caroline Frier eigentlich gefragt oder einfach nur gesagt: "Pass auf, ich spiele in einer Serie mich selbst und du bist als meine Schwester auch dabei."
Genauso habe ich das gemacht. Das ist keine Demokratie bei uns in der Familie, Caro musste. (Lacht) stimmt ja garnicht: Caro und ich haben schon lange Ausschau gehalten, wo wir mal wieder zusammenarbeiten können. Zuletzt standen wir für "DanniLowinski" gemeinsam vor der Kamera.

Kinder von Annette Frier: Sie verrät private Details zu Sohn und Tochter

Ihre Kinder feiern nächstes Jahr ihren 18. Geburtstag. Wollen sie auch in die Unterhaltungsbranche einsteigen oder waren die Erfahrungen, die sie durch Sie gemacht haben, ein abschreckendes Beispiel?
(Lacht) Ich glaube, sowohl als auch. Meine Kinder lassen sich gerade nicht wirklich in die Karten gucken und das zu Recht . In der Öffentlichkeit zu stehen, ist ja Fluch und Segen zugleich. Ich sage jedenfalls immer: Kann ich nur empfehlen, es ist ein wundervoller Beruf, ich liebe ihn. Andere Kollegen warnen hingegen eindringlich vor dieser Beruf. Das hat aber oft mehr mit den Rahmenbedingungen als mit dem eigentlichen Inhalt der Schauspielerei zu tun. Ich persönlich rate meinen Kindern weder dazu noch ab, sie sollen das machen, was ihnen am Herzen liegt und worauf sie Lust haben.
 
Inwieweit haben Sie bei der Handlung zu "Frier und Fünzig" Momente aus Ihrem echten Leben genutzt? Was sind Situationen in der Serie, die Sie genauso wirklich erlebt haben?
(Lacht) Das werde ich nicht garnicht preisgeben. Die Grenzen zwischen Fiktion und Realität sind hier und da verschwommen, das kann ich nicht klar voneinander abgrenzen. Aber Inspiration kommt immer aus dem echten Leben. Natürlich habe ich noch keinen Blumenstrauß mit Botox geschickt bekommen. Verdichtung nennt man das. Die ordinären Unverschämtheiten des Lebens ein bisschen aufpeppen. 
 
Wie schwierig war es für Sie, sich im übertragenen Sinne so "nackt" zu machen?
Wenn ich mir ein Thema schnappe, dann muss ich das auch bespielen. Wasch mich, aber mach mich nicht nass… geht für mich gar nicht. Man kann nicht vom Rang zuschauen, man muss in die Arena. Als Annette Frier vor der Kamera zu stehen kann auch unangenehm sein, das war mir klar. Ein paar Nächte hab ich dann auch prompt nicht geschlafen: Das war die beschissenste Idee des Jahres. Bist du irre? Warum erzählst du so eine Geschichte? Mir wurde dann aber klar, dass ich es genau deswegen machen muss. Weil da Sichtbarkeit fehlt. 
 
In der Serie gibt es ja auch Ihren Mann, der ganz klischeehaft – typisch Midlife-Crisis – seine junge Spinning-Trainerin schwängert. Was wäre denn das weibliche Pendant dazu?
Ich finde, dass meine Rolle in "Frier und Fünzig" schon eine Frau in der Midlife-Crisis darstellt. Frauen werden komplizierter. Ich glaube, das gängige Wort wäre "anstrengend". Ich empfinde das jedenfalls so. Manchmal denke ich mir: Kann ich das nicht abkürzen? Kann ich nicht mal so sein wie mein Mann? Der kürzt nämlich gerne ab. Pragmatismus geht mir in dieser neuen Lebensphase ein bisschen ab. (Lacht) Dann bin ich auch noch launisch – manchmal sogar schlimmer als meine Kinder. Darf ich sagen, die wissen das ja eh. Wir sind wohl grad alle bisschen pubertär zu Hause.

Harte Worte von TV-Star Annette Frier: Viele Kolleginnen sind arbeitslos

Ist die Situation für Schauspielerinnen im mittleren Alter so düster, wie Kolleginnen wie Christine Neubauer, Karin Thaler oder Marisa Burger öffentlich anprangern?
Ja, absolut. Das Problem ist: Ich kann diese Serie jetzt mit über 50 nur machen, weil ich eine gewisse Prominenz habe und mich daher in einer privilegierten Situation befinde. Ich habe extrem viel Glück und freue mich natürlich, dass ich arbeiten kann. Trotzdem ist es auch bei mir nicht so, dass ich mich vor guten Rollen-Angeboten kaum retten kann – sonst wäre ich gar nicht auf die Idee gekommen, "Frier und Fünzig" zu machen. Genau das wird in der Serie so benannt. Oft werden mir Stereotype angeboten, die ich spielen kann, deren Schuhe mir aber zu klein sind. Es ist auch so, dass viele tolle Kolleginnen, mit denen ich begonnen habe, heute fast nicht mehr arbeiten. Das ist leider kein bisschen übertrieben.
 
Woran liegt das denn? Der Markt für Best-Ager-Stoffe ist immerhin vorhanden…
Ich glaube, das ist erst jetzt gesellschaftlich angekommen. Das Thema Wechseljahre ist "nur" ein Vehikel, weil das so eine irre Zeit ist, in der man sich wie gesagt wieder in der Pubertät befindet. Meine Mutter würde das aber nie so beschreiben, denn damals war das noch kein Thema. Es gab keine explizite Forschung zum Thema Frauengesundheit. Wir kommen aus dem Patriarchat. 
 
Hat sich Ihr Blick auf die Wechseljahre durch die Arbeit an Ihrer Serie verändert?
Ja, aber ich lerne das aktuell noch. Wenn ich aber all das, was zur Menopause dazugehört, vor ein paar Jahren schon gewusst hätte, hätte ich das wohl auch nicht zum Thema einer Serie gemacht. Von daher ist alles gut gelaufen.
 
Was würden Sie sich wünschen, wie sich der Blick in der Gesellschaft auf Frauen über 50 ändern sollte?
Für meinen Berufsstand würde ich mir wünschen, dass "Frier und Fünzig" vielleicht als eine kleine Inspiration genommen wird, um weitere gute, moderne Geschichten zu erzählen. Für Frauen wünsche ich mir, dass wir endlich mal wirklich in der Gleichberechtigung ankommen. Ich bin immer wieder erstaunt, dass wir denken, wir wären schon längst am Ziel. Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg.

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