85. Geburtstag von Rudolph Moshammer: "Wäre bestimmt Reality-Star geworden"

Audio von Carbonatix
Als Rudolph Moshammer (†64) im Januar 2005 ermordet wurde, zog dies große, medienwirksame Trauer nach sich – in München und darüber hinaus. Am 27. September hätte der Modeschöpfer seinen 85. Geburtstag gefeiert. Zu diesem Anlass möchte die AZ an ihn erinnern: Wie tickte Rudolph Moshammer eigentlich und was würde er heute vermutlich tun? Ein ehemaliger Angestellter des Münchner Unikats gewährt exklusive Einblicke.
Verkäufer von Rudolph Moshammer: "Spontan meine Bewerbung hingebracht"
Bis zu seinem Tod betrieb Rudolph Moshammer seine Boutique "Carnaval de Venise" in der Maximilianstraße. Tolga Durak (43) war zarte 22 Jahre alt, als er im Juli 2004 dort als Verkäufer eingestellt wurde. Der AZ erzählt er heute: "Ich hatte durch Zufall gelesen, dass Moshammer neue Mitarbeiter sucht. Da habe ich ganz spontan meine Bewerbung hingebracht."
Nur zwei Stunden später erhielt Tolga Durak einen Anruf und die Bitte, gleich zu einem Vorstellungsgespräch vorbeikommen: "Das hatte ich dann direkt bei Moshammer und er hat mich auch gleich eingestellt. Das war alles so spannend: Ich komme ursprünglich aus Hof, einer kleinen Stadt, und hätte mir das im Leben nicht erträumt."

Angestellter in Moshammer-Boutique: "Die aufregendste Zeit in meinem Leben"
Wie kann man sich die Arbeit für Rudolph Moshammer vorstellen? In der AZ erzählt Tolga Durak: "Ich hab direkt im Laden gearbeitet und er war auch oft da gewesen, fast jeden Tag." Seinen berühmten Chef hat er in bester Erinnerung behalten: "Er war sehr nett, sehr großzügig – ich habe mich mit ihm immer gut verstanden. Er hatte wirklich ein großes Herz." Bis heute denkt der 43-Jährige daher gerne an den Job in der Maximilianstraße zurück: "Das war die aufregendste Zeit in meinem Leben."


Verkäufer über Rudolph Moshammers Tod: "Ich war sehr traurig"
Die Ermordung von Rudolph Moshammer erschütterte damals natürlich auch seinen jungen Angestellten. Tolga Durak erzählt in der AZ: "Er war ein toller Mensch: Ich war sehr traurig, als das damals passiert ist." An die Zeit unmittelbar nach dem Mord erinnert sich der 43-Jährige noch genau: "Als er umgebracht wurde, sind wir am Montag darauf ins Geschäft gekommen, ich bin nach oben gegangen und habe gesehen, dass alle Vitrinen leer geräumt waren. Alle Sachen von Wert wurden sofort aus dem Geschäft entfernt."

Rudolph Moshammer: "Ein sehr, sehr intelligenter Mensch"
In den 20 Jahren nach Rudolph Moshammers Tod hat sich in der Unterhaltungsbranche natürlich vieles verändert – Social Media und verschiedenste Reality-Formate haben ganz neue Welten eröffnet. Tolga Durak verrät der AZ daher: "Ich habe mich tatsächlich schon oft gefragt, was Moshammer wohl heute machen würde. Ich bin mir sicher, dass er sofort Reality-TV machen würde – das hätte er auch damals schon. Bei einem guten Angebot wäre er sofort dabei gewesen."

Von dem großen Unterhaltungswert seines verstorbenen Chefs ist Tolga Durak nämlich überzeugt: "Er war ja auch wirklich ein sehr, sehr intelligenter Mensch, hat sehr viel Ahnung gehabt – das fand ich immer so beeindruckend, wenn man sich mit ihm unterhalten hat. Er hatte wirklich viel zu sagen und viel Wissen zu teilen."

Rudolph Moshammer heute: "Eine Schwulen-Ikone"
Rudolph Moshammer hatte sich nie offiziell als homosexuell geoutet und dafür gab es wohl auch gute Gründe: "Es war ja schon so, dass man als queerer Mann in den frühen 2000ern noch stark stigmatisiert wurde", meint Tolga Durak. "Das hat sich zum Glück sehr gewandelt und ich glaube, wenn Moshammer heute noch leben würde, würde das ganz anders aussehen und er würde sich eher dazu bekennen. Dann wäre er bestimmt eine Schwulen-Ikone, ein Influencer und ein Reality-Star geworden."
Vielleicht ja sogar mit einer Regenbogenflagge in seiner Boutique? Dazu meint Tolga Durak: "Das kann ich nicht so genau sagen. Vielleicht doch, ja – einfach, weil das gerade den Zeitgeist treffen würde." Schließlich schmunzelt der 43-Jährige: "Vielleicht hätte er ja sogar Krawatten in Regenbogenfarben verkauft oder zumindest ein schönes Einstecktuch (lacht). Einfach, um seine Solidarität zu zeigen."

Für Tolga Durak steht fest, dass sein verstorbener Chef in jedem Fall unvergessen bleiben wird: "Er war einfach eine Erscheinung. Sein ganzes Auftreten mitsamt Daisy war ein Statement – die Haare, der Schnurrbart. Er hatte großen Wiedererkennungswert und war einfach eine Ikone. Ich fand das damals wirklich so spannend und aufregend, für ihn zu arbeiten."
Mörder von Rudolph Moshammer lebt im Irak
Der Mord an Modezar Rudolph Moshammer jährte sich im Januar zum 20. Mal. Der Mörder ist vor mehr als zwei Jahren aus dem Gefängnis entlassen und in den Irak abgeschoben worden. Dort kümmert er sich nun um seine Mutter und arbeitet als Maler, so sein damaliger Anwalt Dr. Adam Ahmed.