Zwei russische Journalisten mysteriös getötet

Zwei russische Fernsehjournalisten aus Dagestan sind Mordanschlägen zum Opfer gefallen. Einer wurde mit Stichwunden in seiner Moskauer Wohnung gefunden, der andere vor einem Geschäft mit mehreren Schüssen niedergestreckt.
Innerhalb eines Tages sind in Russland zwei Journalisten ermordet worden. Das erste Opfer, Iljas Schurpajew, wurde am Freitag in seiner Moskauer Wohnung mit Stichwunden aufgefunden. Der Reporter arbeitete in der Hauptstadt fürs Erste Programm des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Später wurde der Fersehchef von Dagestan, Gadschi Abaschilow, aus einem Fahrzeug heraus von Angreifern erschossen. Der 32-jährige Schurpajew erlitt nach Angaben seines Senders zahlreiche Stichwunden, zudem war um seinen Hals ein Gürtel geschlungen.
In der Wohnung von Iljas Schurpajew (32) wurde nach dem Überfall am Freitagmorgen offenbar Feuer gelegt. Ob die Bluttat mit der Arbeit des Journalisten im Zusammenhang stand, war zunächst unklar. In seinem Weblog schrieb Schurpajew wenige Stunden vor seinem Tod, die Eigentümer einer Zeitung in Dagestan hätten eine von ihm geschriebene Kolumne verboten. Außerdem sei angeordnet worden, dass sein Name nicht mehr in Veröffentlichungen erwähnt werden solle. «Jetzt bin ich ein Dissident!» lautete die Überschrift des letzten Eintrags im Internet unter seinem Namen. Die Polizei fahndet nun nach zwei Männern, die der Journalisten aller Wahrscheinlichkeit nach gut gekannt und selbst in die Wohnung gelassen haben soll. Die Täter hätten nach dem Mord die Mietwohnung Schurpajews angezündet, um Spuren zu vernichten.
Schurpajew berichtete über den Kaukasus
Nach Angaben der Ermittler hätten sich zum Tatzeitpunkt einige Personen in der Mietwohnung befunden. Wie der Vertreter des Untersuchungskomitees bei der Generalstaatsanwaltschaft Russlands, Wladimir Markin mitteilte, ist ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» berichtete in seiner Online-Ausgabe, dass Schurpajew oft über die Lage im Nordkaukasus berichtet habe. Der Reporter stamme aus der überwiegend muslimischen Provinz Dagestan im Nordkaukasus, heißt es, wo seine Frau und seine fünf Jahre alte Tochter leben.
Fernsehchef von Kugeln durchsiebt
In der russischen Teilrepublik Dagestan im Nordkaukasus wurde der Chef der staatlichen Rundfunk- und Fernsehanstalt, Gadschi Abaschilow, am Freitagabend vor einem Geschäft in der Hauptstadt Machatschkala erschossen. Das teilte der russische Generalstaatsanwalt Juri Tschaika nach Angaben der Agentur Interfax in Moskau mit. Tschaika übernahm persönlich die Leitung der Ermittlungen. Die Täter hätten die Schüsse aus einem Auto abgefeuert und seien dann entkommen. Dagestan ist eine Nachbarrepublik von Tschetschenien, wo Rebellen seit 1999 für einen eigenen Staat kämpfen. In beiden Provinzen kommt es häufig zu Anschlägen auf Polizisten und staatliche Einrichtungen. Zum Teil wird die Gewalt auf Verbrecherbanden zurückgeführt.
21 tote Journalisten in sieben Jahren
Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation «Reporter ohne Grenzen» von 2007 sind in Russland seit 2000 insgesamt 21 Journalisten getötet worden. Unter ihnen sind die Kremlkritikerin Anna Politkowskaja, Reporterin der Zeitung «Nowaja Gazeta» (ermordet 2006 im Eingang ihres Wohnhauses in Moskau), der Journalisten des Fernsehkanals NTV Ilja Simin (ermordet 2006 in der eigenen Wohnung in Moskau), der bekannte Journalisten und Parlamentsabgeordnete Juri Schtschekotschichin, der in der Kommission für Korruptionsbekämpfung in der Staatsduma (Unterhaus des russischen Parlaments) aktiv tätig war (gestorben 2003 an einer Vergiftung), und der Redakteure der «Nowaja Gazeta» Igor Domnikow (gestorben 2000 an schweren Gehirnverletzungen nach einem Überfall im Eingang seines Wohnhauses). (nz/AP)