Zog der Diktator die Fäden?

Minsk: Das verheerende Attentat löst bohrende Fragen nach der Rolle von Präsident Lukaschenko aus.
von  Sylvia Petersen

Minsk: Das verheerende Attentat löst bohrende Fragen nach der Rolle von Präsident Lukaschenko aus.

Minsk -  Es war ein verheerenden Bombenanschlag
: In der U-Bahn der weißrussischen Hauptstadt Minsk sind zwölf Menschen getötet und mehr als 200 zum Teil schwer verletzt worden (AZ berichtete). Ein Sprengsatz war unter einer Sitzbank auf dem Bahnsteig der zentralen U-Bahn-Haltestelle Oktjabrskaja versteckt und während des abendlichen Berufsverkehrs ferngezündet worden. Die Station ist nur 100 Meter vom Palast der Republik entfernt. Ziel des Anschlags
sei gewesen, die Ex-Sowjetrepublik zu destabilisieren, sagte der stellvertretende Generalstaatsanwalt Andrej Schwed.

Präsident Alexander Lukaschenko forderte den Geheimdienst KGB auf, das Land auf der Suche nach den Tätern „auf den Kopf zu stellen”. Erste Verdächtige wurden bereits festgenommen. Die Opposition befürchtet jedoch, dass der Anschlag als Vorwand für ein noch härteres Vorgehen gegen Regierungskritiker dienen werde. Und nicht nur das. Sie schließen eine Beteiligung des Präsidenten an dem Angriff auf sein Volk nicht aus: „Der Anschlag nützt denen, die einen Ausnahmezustand im Land und ein Abrücken Weißrusslands vom Westen wollen”, sagte der oppositionelle Ex-Präsidentenkandidat Alexander Milinkewitsch.

Lukaschenko, der das Land seit 1994 als „letzter Diktator Europas” regiert und sich im Dezember 2010 durch gefälschte Wahlen im Amt bestätigen ließ, besichtigte die Unglücksstelle zwei Stunden nach der Explosion mit seinem sechsjährigen Sohn.

Den Angehörigen der Toten versprach er rund 6900 Euro Schadenersatz. Die Detonation weckt Erinnerungen an den Anschlag auf die Moskauer Metro von vor gut einem Jahr. Am 29. März 2010 hatten sich zwei Selbstmord-Attentäterinnen im morgendlichen Berufsverkehr in die Luft gesprengt und 40 Menschen mit in den Tod gerissen. Ansonsten sehen Beobachter aber kaum Parallelen zu den Anschlägen in Moskau. Es gebe keine Hinweise auf einen islamistischen Hintergrund. 

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