Weitere Unruhen: Thailand wird blutrot

Nach wochenlangen Protesten der Opposition eskaliert die Lage: Soldaten walzen das Lager der „Rothemden“ nieder, die ziehen gewalttätig durch Bangkok. Nun fürchten viele einen Bürgerkrieg in Thailand.
von  Abendzeitung
Hilfskräfte bergen die Leichen der zwei am Mittwoch getöteten Demonstranten.
Hilfskräfte bergen die Leichen der zwei am Mittwoch getöteten Demonstranten. © ap

BANGKOK - Nach wochenlangen Protesten der Opposition eskaliert die Lage: Soldaten walzen das Lager der „Rothemden“ nieder, die ziehen gewalttätig durch Bangkok. Nun fürchten viele einen Bürgerkrieg in Thailand.

Wochenlang stand die Farbe Rot in Thailand für den Protest der Opposition. Jetzt steht sie für Blut: Im Morgengrauen stürmten schwer bewaffnete Soldaten, von Militärpanzern begleitet, das Widerstandsnest der „Rothemden“ im Zentrum von Bangkok. Mindestens fünf Menschen starben durch Schüsse, darunter auch ein italienischer Journalisten. Viele weitere wurden verletzt. Den Anführern des Widerstands blieb nur, sich zu ergeben – „um weiteres Blutvergießen zu vermeiden“, wie sie sagten. Doch die Opposition kapitulierte keineswegs: Regierungsgegner setzten Autos und Gebäude in Brand, es gab weitere Verletzte.

Es waren Szenen eines Ausnahmezustands: Militante Rothemden zogen nach der Erstürmung durch die Innenstadt, setzten ein Kaufhaus in Brand und sorgten für Chaos in der Börse. Auch Medien waren ihr Ziel: Alle Mitarbeiter der „Bangkok Post“ wurden in Sicherheit gebracht, als die Regierungsgegner sich näherten. In der City gab es Rauch und Feuer zu sehen, Granaten explodierten. In mehreren Stadtteilen wurde randaliert, die Behörden zogen Soldaten und Polizisten zusammen und verhängten eine Ausgangssperre.

Mit dem blutigen Mittwoch sind genau die Befürchtungen wahr geworden, die Thailands Hauptstadt seit Wochen in Atem halten. „Das ist der Tag X“, sagte ein Soldat. Das Land droht jetzt in Anarchie und Bürgerkrieg zu versinken. Dabei hatte sich die Armee lange zurück gehalten im Konflikt zwischen Rothemden und ihren Gegnern, den „Gelbhemden“. Die Fronten zwischen beiden sind klar:

Die Rothemden werden getragen von ärmeren Menschen aus dem Norden und städtischen Intellektuellen. Sie fordern den Rücktritt der Regierung und Neuwahlen. Seit Mitte März protestierten sie in ihrem Camp.

Die Gelbhemden sind die Königstreuen aus der Mittel- und Oberschicht. Schon im vergangenen Jahr hatten sie tagelang den Flughafen lahmgelegt, jetzt drohten sie mit neuen Aktionen, wenn die Regierung den Aufstand der Rothemden nicht beendet.

Nach wie vor rät Deutschland vor Reisen nach Bangkok dringend ab. In Thailand lebende Deutsche sind bei den Protesten aber nicht zu Schaden gekommen. Sie beschreiben die Szenen auf den Straßen als „surreal“ und „wie im Film“. Die 45-jährige Münchnerin Kerstin Droge etwa, die zwei S-Bahn-Stationen vom Protestviertel entfernt wohnt, berichtet von Hamsterkäufen: „Im Supermarkt waren unheimlich lange Schlangen, das Wasserregal war leer“. Wegzuziehen komme aber nicht in Frage, sagt sie: „Das würde uns sehr schwerfallen.“ mue

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