Warum wandern Deutsche aus?
Deutschlands berühmtesten Auswanderer Konny Reimann kennt wohl jeder. In der TV-Sendung „Goodbye Deutschland“ haben der Wahl-Texaner und viele andere Deutsche das Thema Auswanderung einem breiten Publikum präsentiert. Und fest steht: Deutschland ist nicht nur ein Zuwanderungs-, sondern auch ein Auswanderungsland. Das belegt eine Studie, die gestern vom Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR), vom Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) sowie von der Universität Duisburg-Essen vorgelegt wurde.
Die Ergebnisse des 70-seitigen Papiers, für das 800 Aus- und rund 900 Rückwanderer befragt wurden:
Die Zahlen
Zwischen 2009 und 2013 wurden rund 710 000 Fortzüge registriert – dem standen rund 580 000 Zuzüge gegenüber. Deutschland schrumpft also jährlich um rund 25 000 Staatsbürger nur durch Abwanderung.
Die Gründe
Geld spielt für deutsche Auswanderer als Motiv eine wichtige, aber bei weitem nicht die Hauptrolle. Für etwa zwei von drei Befragten sind neue Berufs- und Lebenserfahrungen der wesentliche Grund, ihrem Heimatland den Rücken zu kehren. Ein höheres Einkommen im Ausland erhoffen sich lediglich 46,9 Prozent. Jeder Zweite gab an, wegen eines Partners oder der Familie Deutschland zu verlassen. Zudem nennen rund vier von zehn Befragten (41,4 Prozent) Unzufriedenheit mit dem Leben in der Bundesrepublik als Antrieb. Auch eine Ausbildung oder ein Studium in Ausland (17,1 Prozent) kann ein Grund fürs Auswandern sein.
Die Ziele
Besonders viele deutsche Auswanderer zieht es zu den Nachbarn in die Schweiz. Zwischen 2004 und 2013 wanderten 209 000 Bundesbürger in das Alpenland aus. Dahinter folgen die USA (136 000) sowie Österreich (109 000). Auch Polen oder die britische Insel sind Ziele.
Die Personen
Unter den deutschen Auswanderern sind überraschend viele Akademiker und Führungskräfte. Wie aus der Studie hervorgeht, sind 70 Prozent aller Menschen, die Deutschland verlassen, hochqualifiziert. Doch die Erhebung liefere „keine Anhaltspunkte dafür, dass Hochqualifizierte in großem Umfang dauerhaft ins Ausland „abfließen“, meinen die Autoren der Studie.
Die Rückkehrer
Nur ein Drittel der Auswanderer wollte auf Dauer im Ausland bleiben – 41 Prozent gingen von vornherein von einer Rückkehr aus. 43,5 Prozent der Auswanderer gaben ernüchtert zu, dass sich die Entscheidung negativ auf ihren Freundes- und Bekanntenkreis ausgewirkt habe. Besonders familiäre Gründe spielen für Rückkehrer eine Rolle.
Das Fazit
„Auswanderung aus Deutschland ist ein zweischneidiges Schwert“, erklärt BiB-Direktor Norbert Schneider. Die Auswanderer „erzielen oft ein höheres Einkommen und haben einen höheren Berufsstatus, aber sie erfahren vielfach auch eine Art sozialer Desintegration durch den Verlust von Freunden und Bekannten“. Glücklich werden also bei weitem nicht alle Auswanderer. Unzufrieden über ihr Leben in einem neuen Land äußerten sich 40,4 Prozent der Befragten – fast genauso viele Bundesbürger sind über ihr Leben in Deutschland nicht glücklich.
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