Warnung an Athen: "Keine Zeit zum Spielen"

Im Schuldenstreit mit Griechenland nähern sich Athen und die Geldgeber an - der erhoffte Durchbruch steht aber noch aus. Angesichts der zugespitzten Finanzlage warnte EU-Gipfelchef Donald Tusk die Athener Regierung vor weiteren Verzögerungen.
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"Es gibt keinen Raum zum Spielen mehr, es gibt keine Zeit zum Spielen mehr", sagte EU-Gipfelchef Donald Tusk in Brüssel zum Abschluss des EU-Lateinamerika-Gipfels.
dpa "Es gibt keinen Raum zum Spielen mehr, es gibt keine Zeit zum Spielen mehr", sagte EU-Gipfelchef Donald Tusk in Brüssel zum Abschluss des EU-Lateinamerika-Gipfels.

Brüssel/Athen - Ende Juni droht Griechenland die Staatspleite. "Es gibt keinen Raum zum Spielen mehr, es gibt keine Zeit zum Spielen mehr", sagte Tusk in Brüssel zum Abschluss des EU-Lateinamerika-Gipfels.

Er forderte die griechische Regierung des Links-Premiers Alexis Tsipras auf, "ein bisschen mehr realistisch zu sein". Beim nächsten Treffen der Euro-Finanzminister am Donnerstag nächster Woche müsse es im Ringen um weitere Finanzhilfen Beschlüsse geben. "Wir brauchen Entscheidungen, keine Verhandlungen", sagte Tusk.

Die drei Institutionen EU-Kommission, Europäische Zentralbank (EZB) und Internationaler Währungsfonds (IWF) verhandeln derzeit mit Athen über ein verbindliches Reformprogramm. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass Griechenland bislang blockierte Hilfsgelder in Höhe von 7,2 Milliarden Euro erhalten kann, um es vor der Pleite zu retten. Seit 2010 hat das Land insgesamt bereits 240 Milliarden Euro internationaler Hilfen bekommen.

Lesen Sie hier: Neue Probleme nach Krisentreffen zu Griechenland

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker unterstrich: "Die Kuh muss vom Eis, aber sie rutscht dauernd aus. Wir versuchen sie heute wieder anzuschieben." Beide Politiker hatten mit Tsipras gesprochen.

Nach einem Dreiergipfel mit Tsipras und dem französischen Präsidenten François Hollande sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel: "Ich hoffe, dass das jetzt auch die notwendigen Fortschritte bringt." Merkel forderte Griechenland auf, jetzt "mit Hochdruck" an einer Einigung mit den Geldgebern zu arbeiten, um offene Fragen zu klären.

Um das hochverschuldete Griechenland vor der Staatspleite zu retten, wird nach Angaben von EU-Diplomaten über eine Verlängerung des Hilfsprogramms - das Ende Juni ausläuft - um drei Monate diskutiert. Ende Juni droht Griechenland die Staatspleite.

Lesen Sie hier: Merkel: "Wollen Griechenland im Euroraum halten"

Athen könnte zudem Zugriff auf etwa 10,9 Milliarden Euro Reserven erhalten, die im laufenden Hilfsprogramm zurückgestellt wurden, um Banken zu rekapitalisieren. Laut Diplomaten zeichnet sich zudem ab, dass Athen die neuen Vorgaben für den Primärüberschuss im Haushalt (ohne Zins- und Tilgungszahlungen) hinnehmen wird. Die Geldgeber fordern für das laufende Jahr ein Prozent; Griechenland wollte weniger.

Am Rande des zweitägigen EU-Lateinamerika-Gipfels in Brüssel versuchten Spitzenpolitiker, in getrennten Gesprächen mit Griechenlands Premier eine Lösung zu finden.

Das zuletzt angespannte Verhältnis zwischen EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Tsipras hat sich offenbar verbessert. "Unsere Beziehungen sind gut", sagte Juncker, der an beiden Tagen mit dem Griechen gesprochen hatte.

Im griechischen Schuldendrama türmen sich allerdings schon wieder neue Probleme auf. Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofes in Athen sind die im Rahmen des Sparprogramms vor drei Jahren verhängten Rentenkürzungen verfassungswidrig und müssen zurückgenommen werden. Nach Schätzungen der griechischen Finanzpresse muss der Staat damit pro Jahr etwa 1,5 Milliarden Euro mehr aufbringen. Zu dem von den Geldgebern verlangten Reformen gehören auch Rentenkürzungen.

Lesen Sie hier: Athen leiht sich kurzfristig Geld

Aus Protest gegen weitere Sparpläne der Regierung besetzten rund 200 Mitglieder der kommunistischen Gewerkschaft PAME am Donnerstag das Finanzministerium in Athen. Sie befestigten ein Transparent an der Fassade mit der Aufschrift: "Wir haben genug geblutet! Wir haben genug gezahlt!"

Genau zwei Jahre nach seiner Schließung ging der griechische Staatssender ERT am Morgen wieder auf Sendung. Tsipras erfüllte damit ein Wahlversprechen. Die im Januar abgewählte Regierung hatte ERT 2013 im Hauruckverfahren geschlossen und durch einen kleineren Sender ersetzt. Damals wurden alle 2600 ERT-Mitarbeiter entlassen. Wer wollte, wurde nun wieder eingestellt. Finanziert wird der neue Staatsrundfunk mit einer Gebühr von drei Euro pro Haushalt und Monat.

Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) stufte die Kreditbewertung Griechenlands indes weiter herab. Die Bonitätsnote sinke von "CCC+" auf "CCC", teilten die Kreditwächter mit. Damit rutscht das pleitebedrohte Euroland weiter in den sogenannten Ramschbereich ab.

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