Wahlergebnisse in Osteuropa: Ist Demokratie out?
München - Dieser Tage schauen die Menschen in Westeuropa verstört nach Osten: In der Türkei lässt ein autokratischer Ministerpräsident friedliche Protestcamps mit Polizeigewalt räumen und Internet-Dienste sperren. Anschließend trägt seine Partei bei den Kommunalwahlen einen haushohen Sieg davon. In Ungarn beschränkt ein polternder Populist die Freiheit der Medien, sichert sich den Zugriff auf die Notenbank und droht, in die Unabhängigkeit der Justiz einzugreifen – und wird ebenfalls wiedergewählt.
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Was ist da los? Zunächst: Wir sehen nur einen Ausschnitt aus diesen Ländern. Wir sehen die Demonstranten in Istanbul und die Oppositionellen in Budapest – sie sind junge, gebildete und westlich orientierte Menschen. Sie organisieren ihren Protest im Internet, deshalb sind sie sichtbarer für uns. Aber sie stellen offenbar nicht die Mehrheit in ihrem Land. Sind demokratische Werte dort also irgendwie out?
In Ungarn sind viele unzufrieden – das nützt den Rechten
Nein: Sie haben sich nicht ausreichend verfestigen können. Der Türkei hat die EU so lange den möglichen Beitritt wie eine Mohrrübe vor die Nase gehalten, dass die Türken langsam nicht mehr mögen und lieber auf nationale Stärke setzen. In Ungarn hat die EU immer wieder mahnend den Zeigefinger gehoben, aber die Länder der ersten Osterweiterungswelle sonst weitgehend alleine gelassen. Es war ja auch Euro-Krise, da hatte man woanders genug zu tun. Die Quittung gibt’s jetzt. Die Unzufriedenheit wächst, und das nützt leider den Rechten.
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