Wahlen im Irak: Wer regiert jetzt?

BAGDAD - Die Parlamentswahlen im Irak sind am Sonntag von Terroranschlägen überschattet worden. Trotzdem gingen gut 60 Prozent der Wahlberechtigten an die Urne. Wer jetzt die Regierung bildet, bleibt noch unklar.
Nach der Parlamentswahl gibt es im Irak drei große arabische Fraktionen, die nun alle die Regierung bilden wollen: Die Rechtsstaat-Koalition von Ministerpräsident Nuri al-Maliki, die religiöse Schiiten-Allianz von Ammar al-Hakim und das sunnitisch- schiitische Bündnis Al-Irakija unter dem säkularen Schiiten Ijad Allawi. Die bevorstehenden Koalitionsverhandlungen dürften spannend und langwierig werden.
Das offizielle Wahlergebnis werde frühestens am kommenden Donnerstag verkündet, sagte der Vorsitzende der Wahlkommission, Farradsch al-Haidari, am Montag in Bagdad. Die Wahlkommission erklärte, die Kandidaten und Parteien hätten am Vortag „Dutzende von Beschwerden“ eingereicht, die noch geprüft werden müssten. In dem noch amtierenden Kabinett von Al-Maliki hatten die religiösen Schiiten-Parteien zusammen mit den Kurdenparteien KDP und PUK den Ton angegeben.
Extremisten hatten am Sonntag in Bagdad und mehreren Provinzen des Zentralirak Anschläge verübt, um die Wahl zu stören. Die Wahlbeteiligung lag dennoch nach ersten Angaben der Wahlkommission landesweit über 60 Prozent.
Nach unbestätigten Berichten von Parteien und lokalen Medien, liegen die Allianz von Ministerpräsident Al-Maliki und die Allianz der Religiösen, zu der auch der im Iran residierende radikale Schiiten-Prediger Muktada al-Sadr gehört, in den vorwiegend von Schiiten bewohnten Landesteilen etwa gleichauf. In einigen Städten, in denen vorwiegend sunnitische Muslime leben, konnte die Al-Irakija- Liste nach eigenen Angaben die Mehrheit erringen. Schlecht abgeschnitten haben diesmal die traditionellen religiösen Parteien der Sunniten.
Auch bei den Kurden hat sich einiges verschoben. Arabische TV- Sender berichteten, die neue Kurden-Partei Goran („Wandel“) habe mindestens ein Viertel der kurdischen Stimmen auf sich vereinigen können. Dadurch wird die Partei zu einer ernsthaften Konkurrenz für die beiden etablierten Kurdenparteien KDP und PUK.
Der sunnitische Parlamentarier Mustafa al-Hiti, der für Al-Irakija kandidiert hatte, sagte der Deutschen Presse-Agentur dpa: „Es gibt noch keine offiziellen Resultate, aber laut den Schätzungen unterer Vertreter in den Wahllokalen liegt Al-Irakija in der Stadt Mossul mit 85 Prozent vorne, in der Provinz Anbar mit 80 Prozent und in der Provinz Salaheddin mit 70 Prozent.“
Al-Irakija ist ein nationalistisches Bündnis unter der Führung des säkularen Schiiten Ijad Allawi, dem sowohl Sunniten als auch Schiiten angehören. Die regierungskritische Nachrichtenagentur INA sah die Al- Irakija-Liste unter Führung von Ex-Ministerpräsident Ijad Allawi auch in der Provinz Dijala auf Platz eins. Verluste habe dagegen die sunnitische Konsensfront einstecken müssen, die bisher die größte Fraktion der Sunniten im Parlament war.
Die schiitische Nachrichtenagentur Burathanews meldete, die Schiiten-Allianz habe in Bagdad und in den südlichen Provinzen Dhi Kar, Amara, Diwanija und Missan den ersten Platz belegt. In der südlichen Hafenstadt Basra und in der Provinz Nadschaf habe die Koalition von Al-Maliki gesiegt. In der Provinz Wasit hätten die beiden Bündnisse etwa gleichviele Stimmen erhalten.
dpa