Wadephul: Keine Beteiligung an Gaza-Stabilisierungstruppe

Seit rund zweieinhalb Monaten herrscht eine fragile Waffenruhe im Gazastreifen. Der deutsche Außenminister fordert den raschen Start der zweiten Phase des Friedensplans. Er hat konkrete Vorstellungen.
von  Jörg Blank und Carsten Hoffmann, dpa
Deutschland wird sich nach den Worten von Außenminister Johann Wadephul (CDU) absehbar nicht an einer internationalen Stabilisierungstruppe für den Gazastreifen beteiligen.
Deutschland wird sich nach den Worten von Außenminister Johann Wadephul (CDU) absehbar nicht an einer internationalen Stabilisierungstruppe für den Gazastreifen beteiligen. © Annette Riedl/dpa

Deutschland wird sich nach Angaben von Außenminister Johann Wadephul absehbar nicht an einer internationalen Stabilisierungstruppe (ISF) zur Umsetzung des Gaza-Friedensplans beteiligen. Eine solche Truppe sei nicht allein eine Vermittlungstruppe, "sondern muss im Zweifel auch ganz konkret Sicherheit herstellen", sagte der CDU-Politiker rund zweieinhalb Monate nach Beginn der Waffenruhe im Gazastreifen der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Dass deutsche Soldatinnen und Soldaten dies in genau dieser Region tun, können sich viele nicht vorstellen", fügte er hinzu. 

"An den Stabilisierungskräften werden wir uns absehbar nicht beteiligen", sagte Wadephul und ergänzte auf die Frage, ob dies auch für Ausbildung und Organisation gelte: "Zum jetzigen Zeitpunkt erwartet keiner von uns eine Beteiligung bei der internationalen Stabilisierungsmission." Deutschland sei bereit, konstruktiv an den Strukturen mitzuwirken, die in der Resolution des UN-Sicherheitsrats enthalten sind, wie etwa einem Friedensrat. Eine offizielle Einladung zur Mitarbeit in dem Rat habe Berlin allerdings bisher nicht erhalten.

Die anstehende zweite Phase des 20-Punkte-Friedensplans von US-Präsident Donald Trump sieht eine Entwaffnung der Hamas und die Einsetzung einer internationalen Stabilisierungstruppe vor. Die Terrororganisation lehnt es jedoch strikt ab, ihre Waffen niederzulegen. 

Wadephul für raschen Start der zweiten Phase des Friedensplans

Nachdem erste Konsultationen potenzieller Truppensteller stattgefunden hätten, brauche es nun einen politischen Rahmen und darin eine Sicherheitsarchitektur, die durch die Stabilisierungskräfte und palästinensische Sicherheitskräfte gewährt werde. "Es wäre wichtig, mit all dem sehr bald beginnen zu können", forderte Wadephul. Er warnte: "Es darf nicht dazu kommen, dass sich die derzeitige Teilung Gazas in einen von der israelischen Armee kontrollierten Teil und einen zunehmend wieder von der Hamas kontrollierten Teil dauerhaft verfestigt."

Er sei dafür, "dass Deutschland eine vermittelnde Rolle einnimmt, um der Sicherheit Israels Rechnung zu tragen", sagte Wadephul. Deutschland habe ein besonderes Verhältnis und eine besondere Verantwortung für den Staat Israel, fügte er angesichts der Schoa hinzu – der Ermordung von sechs Millionen europäischen Juden durch die Nationalsozialisten. Die Bundesregierung leiste im Gazastreifen umfangreiche humanitäre Hilfe und habe angekündigt, eine zentrale Rolle beim Wiederaufbau spielen zu wollen.

Geduld bei Umsetzung des Gaza-Friedensplans notwendig 

Wadephul warb um Geduld bei der Umsetzung des Friedensplans. "Auch wenn man wünscht, dass das morgen zu Ende ist, müssen wir uns darauf einstellen, dass das ein langwieriger Prozess bleibt." Die Hamas sei nach wie vor politisch wie militärisch aktiv und erhole sich vielleicht sogar. "Aktuell sind wir noch ein wirklich ganzes Stück davon entfernt, dass ein Wiederaufbauprozess im Gazastreifen beginnen kann."

Dennoch hoffe er, dass die von Ägypten zusammen mit Deutschland und anderen Staaten geplante internationale Wiederaufbaukonferenz Anfang des Jahres stattfinden könne, sagte Wadephul. Auch Deutschland sei bereit, hier zu unterstützen. "Aber natürlich erwarten wir insbesondere von den benachbarten Staaten aus der Golfregion, von denen einige ja über entsprechende finanzielle Ressourcen verfügen, dass sie sich engagieren."

Es gelange derzeit vermehrt humanitäre Hilfe in den Gazastreifen – "aber noch nicht ausreichend", bemängelte der Minister. Es seien mehr Grenzübergänge geöffnet und der Zugang von Jordanien aus sei klar verbessert worden. "Insgesamt ist die Situation aber nicht zufriedenstellend." So bräuchten die auch von Deutschland geförderten international anerkannten Hilfsorganisationen dringend Zugang. 

Kritik an neuen israelischen Siedlungsplänen für Westjordanland 

Wadephul kritisierte die Ankündigung der israelischen Regierung, 19 neue Siedlungen im Westjordanland genehmigen zu wollen. Die Bundesregierung lehne die Anerkennung weiterer Siedlungsaußenposten ab. Langfristig sei Israel und dessen Sicherheit am besten durch eine Zweistaatenlösung geholfen. "Der Siedlungsausbau droht diese Perspektive unmöglich zu machen", warnte er.

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