Vom Mann des Systems zum Volkshelden

Oppositionsführer Mir Hossein Mussawi ist unversehens zum Symbol der Hoffnung geworden - trotz seiner Vergangenheit als Ministerpräsident. Doch die wütende Jugend ist dankbar um jedes Ventil. Nun will er den Gottesstaat reformieren
von  Abendzeitung
Sie gilt als die wahre Radikale der beiden: Mir Hossein Mussawi und seine Frau Zahra Rahnaward.
Sie gilt als die wahre Radikale der beiden: Mir Hossein Mussawi und seine Frau Zahra Rahnaward. © dpa

TEHERAN - Oppositionsführer Mir Hossein Mussawi ist unversehens zum Symbol der Hoffnung geworden - trotz seiner Vergangenheit als Ministerpräsident. Doch die wütende Jugend ist dankbar um jedes Ventil. Nun will er den Gottesstaat reformieren

Der seltsame Freiheitsheld: Der ergraute Polit-Veteran Mir Hossein Mussawi ist unversehens zum Hoffnungsträger einer ganzen Generation im Iran geworden, weltweit tragen Sympathisanten seine Farbe Grün – aber wer ist er?

Zunächst: Er war jahrelang ein Mann des Systems. 1981 wurde er – damals getrieben von der Idee, Islam und Sozialismus zu vereinen – Ministerpräsident des Iran. Acht Jahre blieb er es und organisierte straff die Kriegswirtschaft während des Konfliktes mit dem Irak, stand dabei auf gutem Fuß mit den Mullahs.

20 Jahre lang schwieg der scheue Künstler

1989 wurde sein Amt abgeschafft. Er zog sich für 20 Jahre aus der Öffentlichkeit zurück, arbeitete als Architekt und wurde Leiter der Akademie der Künste. Er selbst malt gerne abstrakte religiöse Werke. Als der bedächtige, publikumsscheue Künstler seine Kandidatur anmeldete, sah der mächtige Wächterrat, der alle Bewerber genehmigt, kein Problem. Im Wahlkampf präsentierte er sich dann immer deutlicher als pragmatischen, moderaten Reformer.

Er will das System Gottesstaat nicht stürzen, sondern ändern. Er will die islamische Sittenpolizei abschaffen; er will einen „Dialog der Vernunft“ statt Provokation mit dem Westen; er widerspricht Mahmud Ahmadinedschad: Der Holocaust, so sagt Mussawi, ist eine historische Tatsache und zutiefst zu verurteilen.

Seine Frau ist die Heldin der Iranerinnen

Das Recht des Irans auf Nutzung der Atomkraft verteidigt auch er, verspricht aber „volle Transparenz“, dass der Westen die rein friedliche Absicht sehen kann.

Weit radikaler als er ist ohnehin seine Ehefrau Zahra, die – völlig unüblich – bei seinen Kundgebungen dabei war und Reden hielt. Seither sind die Mussawis vor allem für die Iranerinnen Helden. Und nicht nur für sie und für die Intellektuellen, sondern für weite Teile der Gesellschaft, selbst moderate Kleriker. Es war nicht unbedingt ein besonders großes Charisma, das ihn zum Star macht, sondern die jahrelang angestaute Hoffnung auf Wandel, die so dringend ein Ventil brauchte. tan

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