"Volkskrieg" gegen Tibet

Peking stellt das Ultimatum: Bis Montag müssen ausländische Hilfsorganisationen und "Randalierer" Tibet verlassen haben. Dann, so fürchten Tibeter daheim und im Exil, dann werden Pekings Truppen Ernst machen mit dem „Volkskrieg“ gegen die „Separatisten“.
von  Abendzeitung
Ein Panzer patrouilliert die Straßen von Tibets Hauptstadt Lhasa.
Ein Panzer patrouilliert die Straßen von Tibets Hauptstadt Lhasa. © ap

Peking stellt das Ultimatum: Bis Montag müssen ausländische Hilfsorganisationen und "Randalierer" Tibet verlassen haben. Dann, so fürchten Tibeter daheim und im Exil, dann werden Pekings Truppen Ernst machen mit dem „Volkskrieg“ gegen die „Separatisten“.

Der Dalai Lama, geistiges und weltliches Oberhaupt der Tibeter, warf Peking „kulturellen Völkermord“ vor. Bis zu 90 Tote hat es allein am Wochenende gegeben. Die Zahlen stammen von Exil-Tibetern, Mitgliedern der Regierung des Dalai Lama, die nach eigenen Angaben Drähte in das fast komplett abgeriegelte Hochland am Himalaya haben. Die Regierung in Peking spricht von zehn Toten.

Entzündet hatte sich die Gewalt nach einer Demonstration von Mönchen anlässlich des 49. Jahrestages der Niederschlagung eines Volksaufstand in Tibet. Die chinesischen Polizisten regierten mit äußerster Brutalität. Die Folge waren die schwersten Unruhen seit 20 Jahren.

"Bei uns ist Gewalt wie Selbstmord"

Trotz der alarmierenden Meldungen blieb der Dalai Lama bei seiner gewaltfreien Linie. Man habe ihn gebeten, die Aufstände nicht zu verurteilen: Aber bisher seien Aufstände „noch jedes Mal, wenn sich Tibeter gegen China erhoben, grausam niedergeschlagen worden“. Und: „Besonders in unserem Fall ist Gewalt wie Selbstmord.“ Wie um den Dalai Lama zu bestätigen, verstärkte Peking am Sonntag die Truppen. Die Bevölkerung wurde aufgefordert, in den Häusern zu bleiben. Auch Chinesen in Tibet beklagten die Gewalt und sagten, sie fühlten sich von den Behörden „im Stich gelassen“. Unabhängige Nachrichten aus der Region sind kaum zu erhalten. Ein britischer Journalist, der noch in Lhasa war, sagte Sonntag: Die Chinesen hätten „ihre Gummiknüppel gegen Gewehre eingetauscht.“

Panzer und Mannschaftswagen patrouillieren durch die Straßen. In Lautsprecher- Durchsagen wird die Bevölkerung gewarnt „zwischen Freund und Feind zu unterscheiden.“ Das spricht nicht für das Ende der Gewalt. Nach Angaben der Exil-Tibeter in Indien haben die Unruhen mittlerweile auch auf Nachbar-Provinzen übergegriffen. So habe es bereits sieben Tote in Sichuan gegeben. In Xiahe gingen die Behörden mit Gewalt gegen rund 1000 Demonstranten vor. Die Regierung in Peking gibt allein dem Dalai Lama und den „Separatisten“ die Schuld am Ausbruch der Gewalt.

Nur vereinzelte Aufrufe zu Olympia-Boykott

Internationale Politiker forderten Gewaltverzicht, die Reaktionen blieben aber äußerst zurückhaltend. Nur vereinzelt gab es Boykott-Aufrufe für die Olympischen Spiele. Den fordert Hollywood-Star Richard Gere, der Buddhist und ein ausgewiesener Freund des Dalai Lama ist.

In 14 Tagen beginnt der olympische Fackellauf durch China. Unter anderem soll die olympische Flamme auch über den Mount Everest getragen werden – mitten in Tibet, eine weitere Provokation für die Tibeter.

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