US-Gesundheitsreform: Etappensieg für Obama
Washington (dpa) - Etappensieg für US-Präsident Barack Obama: Das US-Repräsentantenhaus hat mit knapper Mehrheit das Gesetz zur Gesundheitsreform verabschiedet.
Das wichtigste innenpolitische Reformvorhaben Obamas soll vor allem Millionen nicht versicherter Amerikaner in das Gesundheitssystem integrieren. Allerdings wird nun erst einmal der US-Senat über die Reform entscheiden, wo eine Mehrheit für das Projekt fraglich ist.
Obama begrüßte noch in den Nachtstunden zum Sonntag das Votum als «historisch». Die Reform werde das Versprechen eines bezahlbaren Gesundheitssystems für die Amerikaner Wirklichkeit werden lassen. Er sei zuversichtlich, dass auch der Senat für das Projekt stimmen und die Reform bis Ende des Jahres unterschriftsreif sein werde.
Im Repräsentantenhaus in Washington stimmten am späten Samstagabend (Ortszeit) 220 Abgeordnete für das Reformgesetz. Es gab 215 Gegenstimmen. Auch ein Republikaner votierte mit der Mehrheit der Demokraten, von denen allerdings 39 dem Projekt die Unterstützung verweigerten.
Mit Zugeständnissen an die Gegner der Abtreibung in den eigenen Reihen hatten sich die Demokraten in der Nacht zum Samstag noch auf einen Kompromiss bei der Gesundheitsreform geeinigt. Eine Reihe von Abtreibungsgegnern stimmten dem Reformprojekt schließlich zu, nachdem Versicherungen jetzt nur noch im Fall von Vergewaltigung, Inzest oder bei Gefahr für das Leben der Mutter zahlen sollen.
«Wir haben eine Mission, ein Mandat und eine moralische Verpflichtung, diese Nation in eine neue Ära zu führen, in der die Gesundheitsversorgung ein Recht ist und kein Privileg», sagte der demokratische Abgeordnete John Lewis kurz vor der Abstimmung. «Dieses Gesetz wird mehr als jede andere Entscheidung in diesem Haus die Amerikaner abhängig vom Staat machen», kritisierte der Republikaner Paul Ryan.
Wann über den Entwurf im Senat abgestimmt wird, ist noch unklar. Hier sind für eine Verabschiedung der Gesundheitsreform 60 von 100 Stimmen nötig, um eine Blockade des Vorhabens zu verhindern. Die Demokraten können sich zwar rein rechnerisch auf eine Mehrheit von 60 Sitzen stützen, allerdings haben auch einige Parteifreunde Obamas Bedenken gegen die Reform. Im Fall einer Verabschiedung im Senat müssen die Vorlagen beider Kammern dann noch miteinander in Einklang gebracht und noch einmal zur Abstimmung gebracht werden.
Obama hatte sich noch am Samstagvormittag vor den demokratischen Parlamentariern und vor der Öffentlichkeit mit dramatischen Appellen für das Reformvorhaben eingesetzt. «Es ist Zeit, die Aufgabe zu erledigen», betonte er. Amerika sei näher an der Verwirklichung der seit Jahrzehnten überfälligen Gesundheitsreform als je zuvor. Die Reform werde Kostenersparnisse für Familien und Unternehmen ermöglichen. Langfristig werde die Reform auch das Staatsdefizit verringern. «Dieses Gesetz ist der Wandel, den das amerikanische Volk dringend braucht», sagte Obama. Es bringe eine Reform näher, die sich Generationen von Amerikanern gewünscht hätten.
Die Zahl der Amerikaner ohne Krankenversicherung liegt unterschiedlichen Angaben des Weißen Hauses zufolge zwischen 30 und 46 Millionen. Der Plan sieht eine staatliche Krankenversicherung als Alternative zu privaten Anbietern vor. Auch bei einigen Demokraten im Senat gibt es Vorbehalte gegen diese sogenannte öffentliche Option.
Die Republikaner lehnen die Gesundheitsreform vor allem wegen der Kosten von über 1,2 Billionen Dollar (über 808 Milliarden Euro) ab. Außerdem bedeute er einen Einstieg in ein staatliches Gesundheitssystem. Die Finanzierung des Gesetzes soll nach den Vorstellungen der Demokraten zum Teil über eine Art Reichensteuer für besonders vermögende Bürger gesichert werden. Obama hat sich in den vergangenen Wochen die Unterstützung zahlreicher Organisationen sichern können, darunter die 40 Millionen Mitglieder starke Senioren-Vereinigung AARP und der Ärzteverband AMA.