Unicef: Simonis weist Vorwürfe zurück

Die «Sorglosigkeit, Unbekümmertheit, Großzügigkeit und Schlamperei», kritisiert die frühere Unicef-Chefin Simonis an der Arbeit des Unicef-Chefs Garlichs. Das Bischöfliche Hilfswerk Adveniat befürchtet eine Vertrauenskrise.
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Simonis gibt die Kritik zurück
dpa Simonis gibt die Kritik zurück

Die «Sorglosigkeit, Unbekümmertheit, Großzügigkeit und Schlamperei», kritisiert die frühere Unicef-Chefin Simonis an der Arbeit des Unicef-Chefs Garlichs. Das Bischöfliche Hilfswerk Adveniat befürchtet eine Vertrauenskrise.

Die frühere Unicef-Chefin Heide Simonis hat Vorwürfe im Zusammenhang mit der Krise bei der Hilfsorganisation zurückgewiesen. «Das Problem von Unicef ist auf jeden Fall nicht Simonis», sagte sie der «Frankfurter Rundschau». Damit wandte sie sich gegen Anschuldigungen ihres Nachfolgers Reinhard Schlagintweit. «Jetzt sollte sich jedes Vorstandsmitglied fragen, ob es auch persönliche Konsequenzen zieht.»

Kritik kam unterdessen auch vom katholischen Hilfswerk Adveniat. Simonis erhob erneut Vorwürfe gegen Vorstand und Geschäftsführung der Hilfsorganisation. Unicef-Geschäftsführer Dietrich Garlichs sei zwar sehr engagiert, aber seine Arbeit sei «vielleicht doch von Sorglosigkeit, Unbekümmertheit, Großzügigkeit und Schlamperei gekennzeichnet», sagte Simonis. Viele Menschen verstünden nicht, was abgelaufen sei. Sie könnten die Verwendung der Mittel nicht nachvollziehen. Es fehle außerdem die Transparenz. Es gebe fragwürdige Vorgänge wie die hohen Summen für Beraterverträge. Die frühere Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein sagte außerdem, sie sei verpflichtet gewesen, Akten an die Staatsanwaltschaft weiterzugeben. In diesem Sinne hätten sie die Ermittler auch belehrt. «Als dann bei uns viele weitere Vorwürfe und Hinweise einliefen, haben wir der Aufforderung der Kripo Folge geleistet und das Material nach Köln geschickt.» Adveniat kritisierte das Finanzgebaren der Unicef Deutschland und forderte Änderungen beim Spendensiegel. «Es geht deutlich preiswerter», sagte Sprecher Christian Frevel dem «Kölner Stadt-Anzeiger» zu den 18 Prozent Verwaltungs- und Werbungskostenanteil bei dem Kinderhilfswerk. Adveniat liege bei 6,2 Prozent. Frevel kritisierte, dass das Spendensiegel des Deutschen Zentralinstituts für Soziale Fragen (DZI) unterschiedslos vergeben werde, obwohl das DZI beim Haushaltsgebaren intern drei Stufen unterscheide. Die Unterscheidung gehe von «sparsam» (bis zehn Prozent Verwaltungs- und Werbungskostenanteil) über «angemessen» (bis 20 Prozent) bis hin zu «satzungsgemäß» (bis 30 Prozent). «Das heißt, eine Organisation kann von jedem Spendeneuro 30 Cent für Verwaltung und Werbung ausgeben und erhält trotzdem das scheinbar gleiche Siegel wie wir, die wir nur sechs Cent verbrauchen. Das muss transparenter werden», forderte Frevel.

Adveniat befürchtet Vertrauenskrise

Wegen der Vorwürfe gegen Unicef befürchtet Adveniat eine generelle Vertrauenskrise. Ehemalige Unicef-Spender hätten bei seiner Organisation angefragt, ob diese ähnliche Projekte fördere. «Sprich: Sie wollen abwandern und sehen in uns eine vertrauenswürdige Alternative.» Anders als Unicef zahle Adveniat keine Provisionen an professionelle Spendenwerber, «schon gar nicht abhängig von der Spendenhöhe. Umso mehr haben wir uns über diese Praxis bei Unicef gewundert. Denn bislang haben wir solche Zahlungen mit dem DZI-Spendensiegel für nicht vereinbar gehalten», betonte Frevel. Der Geschäftsführer des Rabattpunkte-Unternehmens Payback, Alexander Rittweger, schrieb in einer «Spiegel Online» vorliegenden E-Mail an den Unicef-Vorstand, man hoffe, «dass Unicef den Ernst der Lage erkennt und rasch die richtigen - auch personellen - Konsequenzen zieht». Andernfalls werde Payback seinen Mitgliedern «eine andere Organisation für ihre Punktespenden anbieten». Payback habe in den vergangenen acht Jahren mehr als zwei Millionen Euro für Unicef gesammelt. Payback-Teilnehmern werden bei Einkäufen in Partner-Geschäften Punkte gutgeschrieben, die sie sammeln und gegen Prämien eintauschen oder an Unicef spenden können.

Großspender machen Druck

Der Hamburger Reeder und Initiator der Unicef-Projekts «Schulen für Afrika», Peter Krämer, sagte der «Welt»: «Ich erwarte, dass sich Geschäftsführer Dietrich Garlichs und der Vorsitzende Reinhard Schlagintweit für die Schlampereien bei Unicef glaubhaft entschuldigen.» Wie Rittweger machte auch Krämer deutlich, dass er Unicef als Gesamtorganisation nicht in Misskredit sieht. Der Geschäftsführer des Prüfinstituts, Burkhard Wilke, forderte, Unicef müsse einen «noch aussagekräftigeren Jahresbericht» vorlegen und seine «Führungsstrukturen überdenken». Das Hilfswerk stehe auch deshalb so schlecht da, weil es in der Öffentlichkeit viel Halbwissen gebe. «Die Organisationen müssen sich mehr erklären», riet er im ZDF- «heute journal». In den Medien ist seit Wochen von hohen Verwaltungskosten, dicken Provisionen an Spendensammler und teuren Beratungsdiensten die Rede. Die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt auf Grundlage dieser Presseberichte wegen eines Anfangsverdachts auf Untreue gegen Geschäftsführer Dietrich Garlichs. Tatsächlich sind aber bislang keine Hinweise auf strafrechtlich relevante Vorfälle bekannt geworden. (nz)

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