UN will nach Annan-Rückzug neuen Syrien-Vermittler

Nach dem Rückzug des Syrien-Sonderbeauftragten Kofi Annan rückt eine Lösung des blutigen Konflikts in weite Ferne. Die Mitglieder im UN-Sicherheitsrat beschuldigten sich gegenseitig, für das Scheitern von Annans Vermittlungsbemühungen verantwortlich zu sein.
dpa |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News

New York/Damaskus - Die UN-Vollversammlung will an diesem Freitag auf Initiative arabischer Länder mit einer Resolution das Regime von Präsident Baschar al-Assad verurteilen. In Syrien gingen am Freitag die erbitterten Kämpfe weiter.

In der Wirtschaftsmetropole Aleppo rüsten sich Regierungstruppen und Rebellen für eine entscheidende Schlacht. "In Aleppo sehen wir einen bemerkenswerten Aufbau von militärischem Gerät, der uns glauben lässt, dass der Hauptkampf kurz bevor steht", sagte UN-Untergeneralsekretär Hervé Ladsous. Aber auch in Damaskus seien regelmäßig weiter Explosionen zu hören.

Das syrische Regime hat seine Truppen in der heftig umkämpften Stadt Aleppo verstärkt. "Dutzende Lastwagen mit Soldaten und mehr als 100 Panzer wurden rund um Aleppo in Stellung gebracht", sagte der örtliche Rebellenkommandeur Abu Omar al-Halebi am Freitagmorgen der Deutschen Presse-Agentur. Die Rebellen kontrollieren nach eigener Darstellung inzwischen rund ein Drittel der Stadt, vor allem im Ostteil.

In Aleppo spitze sich die humanitäre Krise weiter zu. Weil die Müllabfuhr nicht mehr arbeite, stinke der Abfall zum Himmel, berichtete eine Reporterin des Fernsehsenders Al-Dschasira aus der Stadt. Vor Bäckereien bildeten sich lange Schlangen. Gas zum Kochen sei Mangelware. Die Luftangriffe versetzten die Zivilbevölkerung in Angst und Schrecken.

Mehr als zwei Millionen Menschen sind nach UN-Angaben von der humanitären Krise in ganzen Land betroffen. Die 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen wollen an diesem Freitag in der Vollversammlung über einen Text abstimmen, der Assads Blutbad am eigenen Volk scharf verurteilt. Die Resolution zieht allerdings keine Strafmaßnahmen gegen das Regime von Machthaber Assad nach sich.

Der bisherige Syrien-Sondergesandte Annan hatte am Donnerstag angekündigt, sein Amt nach gut fünf Monaten vergeblicher Vermittlungsbemühungen aufzugeben. Der frühere UN-Generalsekretär begründete seinen Rückzug mit der mangelnden Unterstützung der internationalen Gemeinschaft und der fehlenden Einigkeit im UN-Sicherheitsrat.

Die USA gaben Russland und auch China eine Mitschuld am Rückzug des Sondergesandten. Die Entscheidung verdeutliche das Versagen beider Länder, bedeutende Resolutionen gegen den syrischen Machthaber Baschar al-Assad zu unterstützen, die den Verstoß gegen Annans Sechs-Punkte-Plan geahndet hätten, sagte US-Regierungssprecher Jay Carney. Bundesaußenminister Guido Westerwelle betonte, es sei "höchste Zeit", dass Russland und China dem Assad-Regime ihre schützende Hand entzögen.

Dagegen gab Russland indirekt den Unterstützern der Regimegegner die Schuld für den Rückzug von Annan. "Er ist ein ehrlicher internationaler Vermittler, aber es gibt solche, die ihn aus dem Spiel nehmen wollen, um freie Hand für den Einsatz von Gewalt zu haben", schrieb Vizeaußenminister Gennadi Gatilow in der Nacht zu Freitag auf Twitter. China will im Syrien-Konflikt eine politische Lösung unterstützen. Sein Land sei offen für jeden Vorschlag, sagte der Sprecher des Außenministeriums Hong Lei am Freitag in Peking.

Die Regierung in Damaskus reagierte ebenfalls mit "Bedauern" auf Annans Rückzug. Zugleich warf die syrische Führung ihren Kritikern im Sicherheitsrat vor, sie wollten die Stabilität Syriens erschüttern. Mit der Unterstützung und Bewaffnung "terroristischer Gruppen" hätten diese Staaten dazu beigetragen, dass die Gewalt im Land anhalte.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sprach sich für eine Fortsetzung der UN-Präsenz in Syrien auch nach dem Ablauf des Mandats der Beobachtermission Unsmis am 19. August aus. Die Suche nach einem Nachfolger Annans hat bereits begonnen.

"Ohne ernsten, entschlossenen und vereinten internationalen Druck, auch von den Mächten der Region, ist es mir wie auch jedem anderen unmöglich, an erster Stelle die syrische Regierung - und auch die Opposition - zu zwingen, mit den nötigen Schritten für einen politischen Prozess zu beginnen", hatte der 74-jährige Annan am Donnerstag in Genf gesagt. "Während das syrische Volk verzweifelt nach Taten verlangt, gehen die gegenseitigen Schuldzuweisungen im Sicherheitsrat weiter", kritisierte Annan.

Nach UN-Angaben wurden seit Beginn des Aufstands gegen Assad im März 2011 mindestens 16 000 Menschen getötet. Die Zivilbevölkerung leidet immer mehr. Hunderttausende sind auf der Flucht.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.