Um der Abschiebung zu entgehen: Flüchtlinge geben sich als Mörder aus

Flüchtlinge geben sich immer häufiger als Möder aus, um einer Abschiebung zu entgehen. Es gibt zur Zeit rund 100 solcher Verfahren.
Mordgeständnisse am laufenden Band - Unter Asylbewerbern taucht dieses Phänomen immer häufiger auf. Rund 100 derartiger Verfahren sind derzeit allein in Bayern anhängig, bundesweit ein Vielfaches. Was steckt hinter dem seltsamen Boom, der die Behörden zum Ächzen bringt?
Die Staatsanwaltschaft in Nürnberg hat gerade die mehr als ein Jahr dauernden Ermittlungen gegen einen 22-jährigen Äthiopier eingestellt. Er ist einer dieser Fälle - einer der einfacheren.
Die Geschichte von der Ermordung eines Polizisten in seiner Heimat, die er in seinem Asylverfahren zu Protokoll gab, war erfunden. "Er hat es zuletzt selbst eingeräumt. Vermutet haben wir es von Anfang an, aber es war nicht genau zu klären", sagt Oberstaatsanwältin Anita Traud. "Nicht genau zu klären" sei aber der größere Teil der Fälle, in denen sich Asylsuchende als Mörder oder Serienvergewaltiger darstellen. "Die meisten von ihnen", sagt Traud, "stammen aus Ländern, in denen kriegerische Auseinandersetzungen oder ähnliche Krisen bestehen, keine intakten Infrastrukturen existieren oder Korruption an der Tagesordnung ist. Ernsthafte Ermittlungen in den Herkunftsländern sind unter diesen Umständen nahezu aussichtslos."
Erst einmal nicht zurück ins Heimatland
Das Ergebnis fällt entsprechend aus: Kaum einer der Selbstbezichtiger wird jemals angeklagt. Anne Leiding von der Staatsanwaltschaft München weist auf eine Auffälligkeit bei den Verfahren hin: "Viele dieser Geständnisse", beschreibt sie, "beziehen sich auf solche Straftaten, bei denen im Herkunftsland die Todesstrafe droht." Der Effekt, den sich die "geständigen Mörder" erhoffen: Erst einmal nicht zurück ins Heimatland abgeschoben zu werden.
Solange die Ermittlungen laufen und Mordverdacht besteht, kommt eine Abschiebung aus rechtlichen Gründen nicht in Frage. In den meisten Fällen wird nicht einmal U-Haft angeordnet. Staatsanwältin Anita Traud: "Das Geständnis allein reicht dazu nicht aus. Es müsste ein konkretes Indiz geben."
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