Tiefes Unbehagen

Die AZ-Redakteurin über die offenen Fragen im Fall der Neonazis
von  Anja Timmermann
Das gesprengte Haus von Zwickau: Hier lebten die Terroristen mit Beate Z.
Das gesprengte Haus von Zwickau: Hier lebten die Terroristen mit Beate Z. © dpa

Die AZ-Redakteurin über die offenen Fragen im Fall der Neonazis
 

Ja, dieser Fall ist in der Tat „erschreckend“, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel sagt. Erstens schon mal, wie systematisch und kaltblütig rechtsextreme Wirrköpfe ihr absonderliches Gedankengut in konkrete Morde umgesetzt haben, kontinuierlich und über Jahre hinweg. Zweitens aber mindestens ebenso sehr, wie wenig die zuständigen staatlichen Stellen dagegen unternommen haben. Mehr als zehn Jahre konnten die mordenden Neonazis ungestört agieren.

Ihre Taten flogen erst auf, als den Polizisten ein ausgebrannter Wohnwagen mit den Leichen zweier Bankräuber plus eine gesprengte Wohnung mit der Tatwaffe der Dönermorde quasi auf dem Silbertablett präsentiert wurden – da war dann wirklich kaum noch dran vorbeizugehen. Warum wurden die Täter nicht früher gestoppt? Konnten es die Behörden nicht, mangels Erkenntnissen? Weil sie nicht genug nach rechts geblickt haben? Oder, schlimmer noch, hatten staatliche Stellen sogar Erkenntnisse – und haben sie nicht genutzt, sich damit mitschuldig am Tod von zehn Menschen gemacht?

Und wenn ja, warum? Welche Rolle spielt der Verfassungsschutz in Wirklichkeit? Das sind zentrale Fragen, die tiefes Unbehagen wecken und das Vertrauen in den Rechtsstaat erschüttern. Verbrecher und Wahnsinnige wird es immer geben, aber der Bürger muss sich unbedingt darauf verlassen können, dass der Staat alles tut, um sie an ihren Taten zu hindern – oder sie wenigstens aufklären. Jetzt muss alles auf den Prüfstand.

 

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