Teure Staatsdiener außer Dienst

Die Pensionen sind seit dem Jahr 2000 deutlich stärker gestiegen als die Renten. Das wird die öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen in den nächsten Jahren stark belasten
Martin Ferber |
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Finanziell können Staatsbedienstete wie etwa Polizisten sorgenfreier auf ihren Ruhestand blicken als Arbeiter und Angestellte.
Finanziell können Staatsbedienstete wie etwa Polizisten sorgenfreier auf ihren Ruhestand blicken als Arbeiter und Angestellte.

Alle reden von den Renten. Seitdem SPD-Chef Sigmar Gabriel und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer in seltener Eintracht eine neue Rentendebatte angestoßen, eine umfassende Rentenreform sowie eine höhere Alterssicherung für Geringverdiener gefordert haben, steht das Thema auf der politischen Tagesordnung wieder ganz oben. Dagegen redet niemand von den Pensionen für die Beamten in diesem Land. Und das, obwohl die Lasten, die auf den Bund, die Länder und die Kommunen und somit auf die Steuerzahler zukommen, immer größer werden.

Dabei könnten die Unterschiede zwischen dem, was Arbeiter und Angestellte im Alter erhalten, und dem, was der Staat seinen früheren Dienern überweist, krasser kaum sein. Während der Normalo-Rentner, der 45 Jahre lang immer das Durchschnittseinkommen (derzeit 34 507 Euro brutto im Jahr) verdient und in dieser Zeit die entsprechenden Beiträge in die Rentenversicherung einbezahlt hat, eine gesetzliche Rente von 1314 Euro brutto pro Monat erhält, können die 1,2 Millionen Pensionäre mit einem durchschnittlichen Ruhegehalt von 2730 Euro brutto im Monat rechnen. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Rente stieg seit dem Jahr 2000 um 17,5 Prozent, die Pension hingehen um knapp 27 Prozent.

Doch diese Zahlen alleine sagen noch nicht die ganze Wahrheit. Denn die tatsächlichen Renten sind viel niedriger. Nach den aktuellen Zahlen der Deutschen Rentenversicherung bezogen Männer Ende 2014 eine Durchschnittsrente von 1013 Euro, Frauen müssen inklusive Hinterbliebenenrente mit lediglich 762 Euro im Monat auskommen. 25,2 Prozent der Männer und 55,6 Prozent der Frauen erhielten eine Rente von unter 600 Euro.

Insgesamt sind derzeit 536 000 Senioren über 65 Jahren auf staatliche Grundsicherung angewiesen, weil ihre Bezüge unter dem Existenzminimum liegen. Vier Fünftel der Betroffenen haben in die gesetzliche Rentenversicherung einbezahlt, ein Fünftel war zuvor selbstständig. Beamte finden sich nicht darunter.

Pensionäre erhalten nicht nur mehr Geld, sie leben auch länger

Denn es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen Rentnern und Pensionären. Während sich die Höhe der gesetzlichen Rente aus der Summe der jährlichen Entgeltpunkte ergibt, zudem durch die Beitragsbemessungsgrenze gedeckelt ist und das Rentenniveau durch die Kürzungen der letzten Jahre auf mittlerweile 47,5 Prozent gesunken ist, erhalten Beamte nach 40 Dienstjahren 71,75 Prozent des Durchschnitts ihrer Dienstbezüge in den letzten drei Jahren, in denen sie in der Regel am höchsten sind. Um Rücklagen für die zukünftigen Pensionslasten zu bilden, werden die Besoldungserhöhungen allerdings nicht in vollem Umfang weitergegeben, sondern um 0,2 Prozent gekürzt.

Gleichwohl werden die Pensionsverpflichtungen für die aus dem aktiven Dienst ausscheidenden Beamten in den kommenden Jahren zu enormen Belastungen für die öffentlichen Haushalte führen. Allein der Bund veranschlagt seine Ausgaben für die Pensionen seiner Beamten in den Bundesbehörden, bei der Post und der Bahn auf insgesamt fast 500 Milliarden Euro, hat in seinem Fonds allerdings erst 6,75 Milliarden zurückgelegt.

Noch stärker betroffen sind die Länder, die rund zwei Drittel der 1,89 Millionen Beamten beschäftigen. Sie müssen schon jetzt im Durchschnitt 31,2 Prozent ihrer Personalausgaben für Ruhegehälter einschließlich den Beihilfen für die Krankheitskosten aufbringen.

Und wenn ab dem Ende des Jahrzehnts die geburtenstarken Jahrgänge aus dem Erwerbsleben ausscheiden, schnellen die Lasten für die Haushalte rapide nach oben.

Nach Berechnungen des Freiburger Finanzwissenschaftlers Bernd Raffelhüschen geben die Länder im Augenblick etwa acht bis neun Prozent ihrer Steuereinnahmen für die Pensionen aus. In Zukunft werde sich dieser Wert auf bis zu 27 Prozent verdreifachen.

Weil Pensionäre nicht nur deutlich höhere Altersbezüge als Rentner erhalten, sondern im Durchschnitt auch länger leben, fordert der Rentenexperte der Universität Freiburg eine grundlegende Reform der Pensionen. So müsste nicht nur der bei der gesetzlichen Rente geltende Nachhaltigkeitsfaktor auch bei den Ruhestandsbezügen der Staatsdiener eingeführt werden, sondern auch die Berechnungsgrundlage an das Rentensystem angeglichen werden. „Die Anwendung des durchschnittlichen Lebenseinkommens in der Beamtenversorgung würde nicht nur die Versorgungslast drastisch mindern, sondern auch zu einer Angleichung zwischen der Versorgung beider Alterssicherungssysteme führen.“

Mit Blick auf den demografischen Wandel hätten die gesetzlich Versicherten ihren Teil zur Sicherung der Sozialsysteme bereits geleistet. Sein Fazit lautet: „Nun müssen auch Beamte zur Verantwortung gezogen werden.“

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