Telefon-Diplomatie zwischen Putin und Obama
Washington/Moskau - Wie das Weiße Haus in Washington mitteilte, forderte Obama seinen Amtskollegen dabei auf, die russischen Truppen von der Grenze zur Ukraine abzuziehen. Putin rief Obama demnach während dessen Besuch in Saudi-Arabien an. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon mahnte derweil, die anderen Krisenherde auf der Welt nicht aus dem Blick zu verlieren.
Obama betonte nach Angaben des Weißen Hauses in dem Telefonat, die Regierung in Kiew bereite eine Verfassungsreform und demokratische Wahlen vor. Dies sei aber nur möglich, "wenn Russland seine Truppen zurückzieht und keine Schritte zur weiteren Verletzung der territorialen Integrität und Souveränität der Ukraine unternimmt".
Die USA haben das Referendum auf der Krim vor zwei Wochen als illegal bezeichnet und die anschließende Annexion der Schwarzmeer-Halbinsel durch Russland verurteilt. Moskau hatte argumentiert, die Krim gehöre historisch zu Russland, zudem seien die dort lebenden russischen Landsleute gefährdet gewesen.
Wie das US-Präsidialamt mitteilte, ging es bei dem Gespräch ferner um einen Vorschlag, den US-Außenminister John Kerry seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow jüngst in Den Haag unterbreitet habe. Russland solle konkret und schriftlich darauf antworten. Beide Präsidenten stimmten demnach darin überein, dass sich Kerry und Lawrow erneut treffen sollten, "um nächste Schritte zu besprechen".
Nach Angaben von US-Regierungsbeamten überreichte Kerry seinem russischen Amtskollegen bereits vor einigen Wochen ein Papier mit einem Lösungsvorschlag. Dieser hatte vorgesehen, dass Moskau die Annexion der Krim stoppt sowie die russischen Truppen und Paramilitärs abzieht.
Auf längere Sicht sieht der Plan die Einrichtung einer Kontaktgruppe mit Regierungsvertretern Russlands, der Ukraine und europäischer Länder vor. Die Gruppe könne Vorbereitungen für "faire Wahlen" in der Ex-Sowjetrepublik vorantreiben, Maßnahmen gegen die Finanzkrise in Kiew ergreifen und zurückliegende Korruptionsfälle aufklären lassen. Ob der Vorschlag, den Kerry und Lawrow zu Wochenanfang in Den Haag besprachen, weitergehend ausgearbeitet wurde, blieb unklar.
Auch die Regierung in Moskau hielt sich zum Inhalt des Gesprächs bedeckt. Nach Kreml-Angaben wies Putin darin auf das "Wüten der Extremisten in der Ukraine" hin, die "ungestraft von der Führung in Kiew Zivilisten angreifen" würden. Zugleich habe er sich dafür ausgesprochen, dass die internationale Gemeinschaft zur Stabilisierung der Lage in der Ukraine beitragen sollte. Moskau begründet sein Vorgehen mit dem Schutz der Russen in dem Land.
UN-Generalsekretär Ban sagte am Freitag nach einer Sitzung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, Putin habe ihm gesagt, nicht militärisch in den Süden und Osten der Ukraine vorrücken zu wollen. Er rief die Konfliktparteien zur Zurückhaltung auf. "Jeder Funke kann jetzt zu großen Flammen führen", sagte der Südkoreaner. Jetzt sei die Zeit für Dialog und Frieden. Zugleich mahnte er, die Krise lenke von anderen Problemen der Weltgemeinschaft ab. "Wir haben so viele Aufgaben wie die Bekämpfung der Armut oder den Schutz des Klimas", sagte Ban. "All das findet derzeit kaum Beachtung. Aber es gibt diese Probleme weiter, und wir müssen handeln."
Die Krim-Krise setzt Russland derweil auch wirtschaftlich immer stärker unter Druck. Nach Standard & Poor's und Fitch prüft mit Moody's nun auch die dritte der großen Ratingagenturen eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit des Landes. Der Ukraine-Konflikt und die damit verbundenen Unsicherheiten schwächen das ohnehin schon angeschlagene Investitionsklima und die mittelfristigen Aussichten der russischen Wirtschaft, wie es in einer Moody's-Mitteilung vom Freitagabend hieß.
Führende deutsche Unternehmensvertreter kritisierten den Umgang mit Russland. Adidas-Chef Herbert Hainer sagte der Zeitung "Die Welt" (Samstag), es sei abzusehen gewesen, dass Putin sich nicht einfach bieten lasse, was in der Ukraine geschehe. "Man hätte früher in Kontakt mit Putin treten sollen, um den Umsturz in der Ukraine gemeinsam zu begleiten."
Der Vorstandsvorsitzende der Post, Frank Appel, sagte dem Blatt, die Eskalation sei nicht überraschend, wenn man sich die vergangenen zwei Jahre ansehe. "Man sollte vielleicht früher bedenken, was das Ergebnis ist, wenn man im Vorhof einer anderen Großmacht von außen für politische Veränderungen sorgt."