Taiwans Präsident wiedergewählt: VR erwartet Tauwetter
Die Wiederwahl von Taiwans Präsident Ma Ying-jeou ebnet den Weg für einen Ausbau der schwierigen Beziehungen zum kommunistischen China. Der Wahlsieg beseitigt auch die Gefahr neuer Spannungen in dem sechs Jahrzehnte alten Krisenherd in Asien.
Taipeh/Peking - Mit einer klaren Mehrheit erteilten die Wähler dem 61-Jährigen den Auftrag, die seit 2008 verfolgte wirtschaftliche Annäherungspolitik gegenüber China vorsichtig fortzusetzen. Seine regierende Kuomintang-Partei konnte auch wieder die Mehrheit im Parlament gewinnen, auch wenn sie Sitze an die Opposition abgeben musste.
China begrüßte am Sonntag den Wahlsieg, der "neue Möglichkeiten" in den Beziehungen biete. Die Ergebnisse bestätigten, dass die friedliche Entwicklung der Beziehungen "der richtige Weg ist" und vom Großteil des taiwanesischen Volkes anerkannt werde, kommentierte die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. Mit gemeinsamen Bemühungen, das Vertrauen zu stärken, werde es "weitere Fortschritte" im Dialog, Austausch und in der Kooperation zwischen China und Taiwan geben.
Die Führung in Peking betrachtet Taiwan seit 1949 als abtrünnige Provinz und droht mit einer Rückeroberung. Der Kommentar mahnte zur Vorsicht, dass die Unabhängigkeitskräfte in Taiwan die Beziehungen auch in Zukunft weiter belasten könnten. Es gebe zudem langfristige Differenzen, die gelöst werden müssten. Die Staatsagentur begrüßte, dass die Herausforderin Tsai Ing-wen, deren Fortschrittspartei (DPP) in der Unabhängigkeitsbewegung verwurzelt ist, die Wahl verloren hat.
Auch die USA, die sich der Verteidigung der jungen Demokratie verpflichtet fühlen und zwangsläufig in einen Konflikt um Taiwan hineingezogen würden, gratulierten dem Präsidenten zum Wahlsieg. "Wir teilen mit dem taiwanesischen Volk das große Interesse an einer Fortsetzung von Frieden und Stabilität im Seegebiet der Taiwanstraße", sagte die Sprecherin des Außenministeriums in Washington.
Mit leichten Verlusten konnte sich die Regierungspartei im Parlament weiter die Mehrheit mit 64 (bisher: 72) der 113 Sitze sichern. Die Fortschrittspartei kam auf 40 Abgeordnete (bisher: 32). Die Volkspartei (PFP) des weit abgeschlagenen dritten Präsidentschaftskandidaten James Soong kam nur auf drei Sitze. Der Rest verteilt sich auf andere kleine Parteien und einen unabhängigen Abgeordneten, wie Taiwans Nachrichtenagentur CNA berichtete.
Der Präsident gewann nach Angaben der Wahlkommission mit 51,6 Prozent der Stimmen. Seine Herausforderin kam auf lediglich 45,6 Prozent. Der Vorsprung des Präsidenten betrug fast 800 000 Stimmen - deutlich mehr als von der Regierungspartei selbst erwartet. Die Wahlbeteiligung, die in Taiwan traditionell hoch ist, wurde mit 74 Prozent der 18 Millionen Wahlberechtigten angegeben.
Als Konsequenz aus der Wahlniederlage trat die Rechtsprofessorin Tsai Ing-wen vom Vorsitz der Fortschrittspartei zurück. Wahlbeobachter werteten ihr Abschneiden dennoch als beachtlich. Da Tsai Ing-wen deutlich auf Distanz zu China geht und die eigene politische Identität Taiwans hervorhebt, spiegelt die Zustimmung das Unbehagen vieler Taiwanesen über einen möglichen Ausverkauf der jungen Demokratie an den starken kommunistischen Rivalen wider.
- Themen: