Südafrikas künftiger Präsident: "Duschen gegen Aids"
PRETORIA - Jacob Zuma wird am Mittwoch zum neuen Präsidenten von Südafrika gewählt – ein unglaublicher Skandal-Politiker, der das Land spaltet. Der ANC-Politiker im AZ-Porträt.
Er hat Skandale überstanden, die jeden anderen Politiker vernichtet hätten; er ist mächtig stolz auf seine vier Ehefrauen und 18 Kinder; er singt auf Wahlkundgebungen „Bringt mir mein Maschinengewehr“ und er hält eine heiße Dusche für einen guten Schutz gegen Aids: Am Mittwoch wird Jacob Zuma zum neuen Präsidenten von Südafrika gewählt. Bei vielen löst er Entsetzen aus – er sei der personifizierte Verrat am Erbe Mandelas. Anderen, vor allem den Armen, gilt der massige Linkspopulist als Held.
An seiner Wahl besteht kaum ein Zweifel: Er ist der Kandidat des nach wie vor monolithisch mächtigen ANC. Der wird zwar seine Zwei-Drittel-Mehrheit wohl nicht mehr erreichen, aber 60 Prozent dürften es noch werden.
783 Schmiergeldzahlungen bleiben ungeahndet
Und praktischerweise – für Zuma – hat die Staatsanwaltschaft nach acht Jahren Ermittlungen das Verfahren gegen ihn just vor zwei Wochen eingestellt. Vorgeworfen wurden ihm unter anderem die Annahme von 783 Schmiergeldzahlungen. Eingestellt wurde das Verfahren nicht etwa aus Mangel an Beweisen – die hätten locker ausgereicht, sagt einer der Staatsanwälte –, sondern weil der bisherige Präsident Thabo Mbeki die Ermittlungen für sich instrumentalisieren wollte, um Zuma zu schwächen.
Denn Mbeki hatte den Verdacht, dass Zuma ihn absägen will. Zuma sägte Mbeki dann tatsächlich ab – und nutzte dessen schmutziges Aufbäumen geschickt für sich selbst aus: Auf seinen Druck wurde das Verfahren wegen der „versuchten Einflussnahme“ eingestellt.
"Wir wollen Zuma, ob korrupt oder nicht"
Die Causa Zuma hat den Rechtsstaat zutiefst erschüttert, in einem Punkt, wo die junge Demokratie empfindlich ist: Jahrzehntelang wurde dafür gekämpft, dass eben jeder ohne Ansehen der Person gleich ist, auch vor Gericht. Nun demonstriert Zuma fröhlich, dass er machen kann, was er will, ohne bestraft zu werden.
In den Townships allerdings bewundern sie ihn gerade dafür – nach dem Motto „A Hund is er scho“. „Wir wollen Zuma, ob korrupt oder nicht“, sagt Julius Malema, Chef der ANC-Jugendliga. „Wenn sich Korruptheit und gutes Regieren ausschlössen, wären Italien und Russland längst Anarchien“, merkt Kolumnistin Gwynne Dyer spitz an.
Der Ziegenhirte hat es ganz nach oben geschafft
Vor allem aber rockt Zuma die Massen. „Er ist einer von uns. Er spricht unsere Sprache. Er kennt unsere Nöte“, schwärmt Thembeka Magwaza aus Zumas ärmlichen Heimatdorf. In einem Land, wo sich manche absichtlich mit HIV infizieren, um wenigstens Krankengeld zu kassieren, ist er für viele ein Star: der bauernschlaue Ziegenhirte, der nie in der Schule war, nun reich und mächtig.
Nach dem arroganten, elitären Mbeki (der inhaltlich allerdings durchaus Erfolge für Südafrika vorzuweisen hat) ist der lebenslustige Volkstribun das komplette Kontrastprogramm. Er verspricht allen alles – den Schwarzen wie den Weißen, den Gewerkschaften wie den Investoren. Fragen nach konkreten Plänen etwa zur Wirtschaftskrise verweist er an sein Schattenkabinett. Finanzminister Manuel Trevor süffisant: „Er weiß, was er nicht weiß.“
Er hält Duschen für einen Schutz gegen Aids
Selbst ein Vergewaltigungsprozess schadete ihm nicht. Freigesprochen wurde er, weil der Richter seiner Argumentation folgte, er habe an der Rocklänge der Frau gemerkt, dass sie es wollte. Außerdem erläuterte Zuma, er habe nach dem Sex mit der HIV-positiven Frau geduscht, um eine Aids-Infektion zu vermeiden.
Viele großstädtische Frauen finden ihn deswegen „ekelerregend“, so die Kapstädter Kolumnistin Sibusiso Ngalwa. Doch die Alternativen sind wenig verlockend. Da gibt es die DA – unter der deutschstämmigen Spitzenkandidatin Helen Zille eine ernstzunehmende Kraft in der Kapregion, doch als Apartheid-Nachfolgepartei für Nicht-Weiße kaum wählbar.
Und die „Cope“, gegründet von ANC-Abweichlern und Getreuen des entmachteten Mbeki, die versucht, sich als „moralische Alternative“ zu inszenieren. Leider etwas gedämpft durch Zumas erfolgreiche Rückkauf-Aktion der wichtigsten Aushängeschilder.
Anja Timmermann
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