Staatsanwaltschaft will Puigdemont ausliefern

Wie geht es weiter im Fall des katalanischen Ex-Regionalpräsidenten Puigdemont? In dieser Woche könnte eine juristische Vorentscheidung fallen. Puigdemont legte derweil gegen den Vorwurf der Rebellion Widerspruch in Spanien ein.
dpa |
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22.03.2018, Finnland, Helsinki: Carles Puigdemont, ehemaliger Präsident der Regionalregierung von Katalonien, spricht vor dem finnischen Parlament über die Situation in Katalonien.
Martti Kainulainen/Lehtikuva/AP/dpa 22.03.2018, Finnland, Helsinki: Carles Puigdemont, ehemaliger Präsident der Regionalregierung von Katalonien, spricht vor dem finnischen Parlament über die Situation in Katalonien.

Juristisch zieht sich die Schlinge für Carles Puigdemont weiter zu: Die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein hat einen Auslieferungshaftbefehl für den katalanischen Separatistenführer beantragt. Darüber muss jetzt das Oberlandesgericht entscheiden.

Schleswig - Die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein hat beim Oberlandesgericht in Schleswig einen Auslieferungshaftbefehl für den katalanischen Separatistenführer Carles Puigdemont beantragt. Das teilte die Generalstaatsanwaltschaft in Schleswig mit.

Nach intensiver Prüfung des Europäischen Haftbefehls des Tribunal Suprema in Madrid vom 23. März 2018 sei der Generalstaatsanwalt zu dem Ergebnis gelangt, "dass ein zulässiges Auslieferungsersuchen vorliegt, mit einer Durchführung des ordnungsgemäßen Auslieferungsverfahrens zu rechnen ist und der Haftgrund der Fluchtgefahr vorliegt".

Puigdemont wird Veruntreuung öffentlicher Gelder und Rebellion vorgeworfen

Der ehemalige Regionalpräsident von Katalonien war am 25. März auf der Rückfahrt von einer Skandinavienreise auf der Autobahn A7 in Schleswig-Holstein festgenommen worden. Seitdem ist er in der Justizvollzugsanstalt in Neumünster untergebracht. Die spanische Justiz wirft ihm die Veruntreuung öffentlicher Gelder und Rebellion vor. Darauf drohen bis zu 30 Jahre Haft.

Der Politiker war im vergangenen Herbst im Zuge des verbotenen Unabhängigkeitsreferendums in Katalonien nach Belgien geflüchtet. Das Amtsgericht Neumünster entschied am 26. März, dass Puigdemont in Festhaltegewahrsam bleibt. Am Dienstag betonte eine Sprecherin der Generalstaatsanwaltschaft: "Zunächst wird Herr Puigdemont in Haft bleiben."

Vorwurf der Rebellion: Vergleichbare Entsprechungen im deutschen und spanischen Strafrecht

Der Vorwurf der Rebellion beinhalte im Kern den Vorwurf der Durchführung eines verfassungswidrigen Referendums trotz zu erwartender gewaltsamer Ausschreitungen, argumentierte die Generalstaatsanwaltschaft. Dies finde eine vergleichbare Entsprechung im deutschen Strafrecht in den Paragrafen 81, 82 Strafgesetzbuch (Hochverrat). Eine wortgleiche Übereinstimmung der deutschen und spanischen Vorschriften sei insoweit gesetzlich nicht gefordert.

Die Anwälte des 55-Jährigen hatten nach eigenen Angaben bereits am Ostersonntag juristische Schritte gegen den nach ihrer Meinung absehbaren Antrag auf einen Auslieferungshaftbefehl eingeleitet. "Anträge auf Zurückweisung haben die Strafverteidiger bereits gestellt", teilte der Rechtsanwalt Till Dunckel am Dienstag in Hamburg mit. Puigdemont und seine Strafverteidiger "vertrauten auf eine unabhängige und sachgerechte Prüfung" durch das OLG, dem sie ihre "Einwände gegen die Auslieferung im Detail vortragen werden".

Entscheidung des OLG in einigen Tagen

Eine Sprecherin des OLG teilte in Schleswig mit, dass der Antrag der Generalstaatsanwaltschaft am Dienstagvormittag eingegangen sei und der Erste Strafsenat sich bereits mit dem Fall befasse. Der Zeitraum, bis eine Entscheidung fallen müsse, sei zeitlich nicht begrenzt. Es sei - ohne sich festzulegen - von einigen Tagen auszugehen.

Puigdemonts spanischer Anwalt ist weiterhin davon überzeugt, dass die Justiz in Deutschland die Übergabe des 55-Jährigen an Spanien ablehnen wird. Die Beantragung eines Auslieferungshaftbefehls sei zu erwarten gewesen, sagte Jaume Alonso-Cuevillas am Dienstag dem Radiosender RAC1. Er erwarte aber eine Zurückweisung des Antrags.

Der Anwalt betonte, es handele sich hier "aufgrund der politischen Dimension und der Verletzung der Grundrechte (Puigdemonts) in dessen Heimatland um einen außerordentlichen Fall". "Puigdemont ist sich darüber im Klaren, dass er ein politischer Gefangener ist und dass der spanische Staat alles versuchen wird, um ihm für alles zahlen zu lassen. Er ist darauf vorbereitet", fügte er an.

LInke: Puigdemont müsse als politischer Gefangerner ausgeliefert werden

Auch die Linke in Berlin äußerte sich entsprechend. Puidgemont solle als politischer Gefangener ausgeliefert werden, schrieb Parteichef Bernd Riexinger beim Kurznachrichtendienst Twitter. Die EU und die Bundesregierung duckten sich weg und schöben die Justiz vor. "Rechtlich: fragwürdig. Politisch: Duckmäusertum", schrieb Rixinger. Der Neuen Osnabrücker Zeitung (Dienstag) sagte er: "Ich fordere die Freilassung von Puigdemont, da kein Straftatbestand vorliegt."

Nach dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft auf einen Auslieferungshaftbefehl ist jetzt das OLG am Zug: Es muss zunächst prüfen, ob Puigdemont in Auslieferungshaft genommen wird. Das OLG zieht dazu die Unterlagen aus Spanien heran, aus denen sich der Grund für die Auslieferung ergeben muss. In einem weiteren Schritt prüft das OLG auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft dann, ob eine Übergabe von Puigdemont an die spanischen Behörden rechtlich zulässig ist. Sollte dies nach Ansicht des OLG der Fall sein, befindet über deren Durchführung abschließend die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig. Puigdemont könnte gegen die Entscheidung aber noch Verfassungsbeschwerde einlegen.

Puigdemont hat Widerspruch am Obersten Gerichtshof Spaniens eingelegt

Vor dem Obersten Gerichtshof Spaniens hat Puigdemont Widerspruch gegen den Vorwurf der Rebellion eingelegt. Darüber hinaus forderte er das Gericht auf, Anschuldigungen zurückzuweisen, er habe öffentliche Mittel veruntreut, wie aus einem am Montag von spanischen Medien zitierten 85-seitigen Einspruch hervorgeht. Am 1. Oktober, dem Tag des katalanischen Unabhängigkeitsreferendums, habe es keinerlei Gewalt gegeben - dies sei aber die Voraussetzung für den Vorwurf der Rebellion, hieß es in dem Widerspruch weiter.

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