Sparpaket: Weniger Elterngeld, höhere Preise

Hotelbesitzer und Banker können sich glücklich schätzen: Sie werden vom Sparpaket wenig merken. Dafür fast alle anderen Deutschen. Diese vier Gruppen trifft es am härtesten: Familien, Rentner, Staatsbeamte und Verbraucher.
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BERLIN - Hotelbesitzer und Banker können sich glücklich schätzen: Sie werden vom Sparpaket wenig merken. Dafür fast alle anderen Deutschen. Diese vier Gruppen trifft es am härtesten: Familien, Rentner, Staatsbeamte und Verbraucher.

Familien mit Hartz IV. Während gutverdienende Familien künftig nur etwas weniger Elterngeld bekommen, kriegen Hartz-IV-Familien ab 1. Januar gar nichts mehr.

Ein Beispiel: Eine schwangere Alleinerziehende mit einem Kind, das jünger als 5 Jahre ist, kommt mit ihrem Hartz-IV-Regelsatz, dem Regelsatz für ihr Kind (215 Euro, dafür kein zusätzliches Kindergeld), sowie mit Sonderleistungen für Schwangere (61 Euro) und Alleinerziehende (129 Euro) auf monatlich rund 764 Euro. Kommt nun ihr Baby zur Welt, bekommt sie für das zweite Kind ebenfalls nochmal den 215-Euro-Regelsatz für Kinder, minus 61 Euro Schwangeren-Mehrbedarf.

Mit den 300 Euro Elterngeld, die es bisher obendrauf gab, hätte sie im Monat 1280 Euro zur Verfügung (Miete und Heizkosten zahlt das Amt).

Doch ohne die 300 Euro hat die junge Mutter für sich, ihren Säugling und ihr Kleinkind 918 Euro im Monat zum Leben.

Davon muss sie Lebensmittel, Windeln und Kleidung für ihr Baby kaufen. Der Staat spart mit dieser Maßnahme jährlich 400 Millionen Euro. Die offizielle Begründung: Der Hartz-IV-Satz für Kinder sichere bereits den Grundbedarf. Nur: Reicht in den ersten zwei Lebensjahren der Grundbedarf? „Das ist kontraproduktiv für den Kinderschutz“, sagt Paula Honkanen-Schoberth vom Deutschen Kinderschutzbund. „In der so bedeutenden Entwicklungsphase im ersten Lebensjahr sollen Eltern sich in erster Linie um ihre Neugeborenen kümmern können und nicht um ihre finanzielle Lage.“ Erst vor einem halben Jahr hat das Verfassungsgericht festgestellt, dass die Kindersätze zu niedrig sind.

Wie massiv das Problem ist, verdeutlichen einige Zahlen: 41 Prozent aller Alleinerziehenden mit Kindern unter 18 in Bayern beziehen Hartz IV. Insgesamt 650000.

Die Rentner der Zukunft. Der Bund will für Hartz-IV-Empfänger in Zukunft keine Rentenversicherungs-Beiträge mehr zahlen. Noch merken die Betroffenen das nicht im Geldbeutel, schließlich wurden die Beiträge bisher aus dem Bundeshaushalt gezahlt. Das böse Erwachen kommt, wenn sie in Rente gehen.

Bisher gibt’s für jedes Jahr des Hartz-IV-Bezugs 2,09 Euro. Für jemanden, der zehn Jahre lang Hartz IV bezogen hat und dann in Rente geht, sind das also 20,90 Euro pro Monat. Problem: Wer Hartz IV bezieht, darf nur in bestimmten Freibetrags-Grenzen privat fürs Alter vorsorgen. Dieser Freibetrag ist altersabhängig und liegt jeweils bei 750 Euro pro Lebensjahr. Die Obergrenze ist nach Geburtsjahrgängen gestaffelt: Er liegt bei maximal 48750 Euro für die Jahrgänge bis einschließlich 1957, bei 49500 Euro für die Jahrgänge 1958 bis 1963 und bei 50250 Euro für die Jahrgänge ab 1964. Anwartschaften aus betrieblicher Altersvorsorge und Ansprüche aus der Riester-Rente werden nicht eingerechnet.

Bringen soll diese Maßnahme 1,8 Milliarden Euro. Wirklich gespart wird damit nichts, das Problem wird nur in die Zukunft verlagert: Denn wer im Alter nicht genug Rente hat, bekommt Grundsicherung – und die ist steuerfinanziert. Die Armuts-Spirale verschärft sich: Wer einmal arm und arbeitslos ist, kommt im Alter kaum noch raus.

Die Verbraucher. Es gibt zwar offiziell keine Steuererhöhungen. Real aber doch, und zwar indirekt – durch höhere Preise. Die deutschen Energieversorger werden die Brennelemente-Steuer, die sie für eine Akw-Laufzeit-Verlängerung zahlen müssen, an ihre Kunden weitergeben.

Bahnfahrer werden den Sparkurs ebenfalls merken: Die Bahn muss ihre Dividende an den Bund abgeben und hat kein Geld mehr für den Ausbau zum Beispiel von Regionalstrecken. Und wer in Urlaub will, muss wegen der Flugabgabe mit teuereren Tickets rechnen

Die Beamten. Der Streifenpolizist aus Giesing oder der Zöllner am Flughafen kommt mit seinen knapp 2000 Euro Brutto im teuren München ohnehin schon kaum über die Runden – und soll jetzt auf 2,5 Prozent des Einkommens verzichten. Soviel macht nämlich die gestrichene Weihnachtsgelderhöhung für 2010 aus. Außerdem sollen 15000 Stellen gestrichen werden, es wird weniger Polizisten geben – der Alltag der Bürger wird unsicherer.

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