Sozial geht anders
Susanne Stephan, Wirtschaftsredakteurin der AZ, über die Rente mit 70
Glückwunsch, Herr Kentzler! Endlich scheint ein nennenswerter Teil der deutschen Arbeitgeber (in diesem Fall die Handwerksbetriebe) zu merken, was sie an ihren älteren Beschäftigten haben, nämlich Menschen, die Engagement mit Wissen verbinden, die stressresistent sind, sich nicht schnell aus der Ruhe bringen lassen.
Schade eigentlich, dass erst der Mangel an jüngeren Bewerbern dramatisch werden musste, damit die Firmen entdeckten, wie wichtig die Generation 55plus für sie ist. Nun gut. Besser spät als nie, könnten wir sagen, wenn bei Otto Kentzlers Forderung nicht der leiser Verdacht keimen würde, dass es doch wieder nur darum geht, Einschnitte durchzusetzen.
Der Handwerks-Funktionär schlägt die Rente mit 70 vor, doch die würde kaum gegen den Fachkräftemangel helfen. Eine 69-Jährige als Pflegehelferin im Altenheim? Dieser Job ist schon für viele 60-Jährige zu anstrengend. Dann eben als Kellnerin im Restaurant? Auch diese Arbeit dürfte viele Ältere überfordern.
Rente mit 70, das würde heißen: Hohe Abschläge für alle, die „schon“ mit 68 aufhören zu arbeiten. Sozial ist etwas anders. Sozial (und wirtschaftlich sinnvoll) wäre es dagegen, wenn Firmen ältere Beschäftigte mit klugen Teilzeitangeboten halten würden. Oder wenn sie ihnen sinnvolle Jobs anbieten würden, falls die Senioren nach Erreichen der Altersgrenze neben der Renten weiterarbeiten wollen.
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