So viele politische Konflikte wie nie zuvor weltweit erfasst

Nicht nur Kriege prägen das Bild: Auch Handelsstreitigkeiten und politische Blockaden nehmen zu. Warum gerade diese gewaltfreien Konflikte im Fokus der Beobachter stehen und welche Gefahr sie bergen.
von  dpa
Der Krieg in der Ukraine ist nur ein Beispiel. (Archivbild)
Der Krieg in der Ukraine ist nur ein Beispiel. (Archivbild) © Oleg Petrasiuk/Ukrainian 24th Mechanized brigade/dpa

Die Zahl politischer Konflikte auf der Welt ist laut einer Studie in diesem Jahr so hoch wie nie. Von Januar bis September seien 1.450 andauernde politische Konflikte unterschiedlicher Intensität erfasst worden, heißt es in der "Sicherheitsbilanz 2025" des Geodaten-Anbieters Michael Bauer International in Karlsruhe. 70 neue kamen demzufolge in diesem Jahr bislang hinzu. 18 Konflikte seien beendet worden. 

Nicht nur Ereignisse auf dem Schlachtfeld bestimmten demnach die dokumentierten Konflikte, sondern auch wirtschaftlicher Druck, strategische Signale oder politische Blockaden. Das Risiko steige, Eskalationen falsch einzuschätzen, erklärt der Autor und Wissenschaftler Nicolas Schwank, der früher das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung geleitet und dort die Herausgabe eines "Konfliktbarometers" verantwortete. 

Folge eines vergleichsweise geringen Ausmaßes an Gewalt seien Zurückhaltung bei Präventivmaßnahmen und eine begrenzte Bereitschaft zu neuen politischen und wirtschaftlichen Ansätzen oder in frühen Konfliktphasen moderate Kosten in Kauf zu nehmen. "Infolgedessen werden Maßnahmen oft erst ergriffen, wenn schon erheblicher Schaden entstanden ist."

Ein wichtiger Trend in diesem Jahr sei die deutliche Zunahme bilateraler Handels- und Zollstreitigkeiten, die insbesondere durch Maßnahmen der US-Regierung unter Präsident Donald Trump ausgelöst worden seien. Diese Konfrontationen hätten schnell internationale Ausstrahlungseffekte.

Mehr Kriege

Unter den bis Ende September erfassten Konflikten seien 89 Kriege, 11 mehr als im gesamten Vorjahr. Diese hochintensiven bewaffneten Konflikte fanden demnach in 31 Ländern statt. Beispiele seien der Krieg zwischen Russland und der Ukraine oder auch interne Konflikte wie im Norden Malis. Subsahara-Afrika, der Nahe Osten und Teile Asiens seien weiterhin am stärksten betroffen. 

Neun Konflikte hätten 2025 erstmals die höchste Stufe - Krieg - erreicht. Dabei habe es sich ausschließlich um Auseinandersetzungen gehandelt, die schon in den Vorjahren von Gewalt geprägt gewesen seien. Dass die Zahl der Kriege 2025 zugenommen hat, liegt den Angaben nach weniger an neuen großen Kriegen, sondern vor allem an einer Verschärfung langjähriger Konflikte. 

Die erheblichsten Eskalationen fanden der Auswertung zufolge in Somalia, der Demokratischen Republik Kongo und Burkina Faso statt. "Diese Entwicklungen bleiben in der Regel unterhalb der Wahrnehmungsschwelle westlicher Medien, verändern jedoch die regionalen Sicherheitsbedingungen erheblich", heißt es.

Viele folgenschwere Konflikte unterhalb der Kriegsschwelle 

"Kriege sind jedoch nur die sichtbare Spitze des Eisbergs", schreibt Schwank in der Analyse weiter. Viele folgenschwere Konflikte spielten sich ohne anhaltende Gewalt auf dem Schlachtfeld ab, beeinflussten aber dennoch beispielsweise die Diplomatie, die Märkte und sicherheitspolitische Überlegungen. 

Sanktionen, Zölle, Export- und Investitionsbeschränkungen sowie diplomatischer Druck würden gezielter eingesetzt und führten oft zu Auswirkungen ohne offene Kriege. Gerade solche Konflikte würden oft übersehen, könnten sich aber zu umfassenderen geopolitischen oder geoökonomischen Konfrontationen entwickeln, warnt Schwank in der Analyse.

Unterhalb der Kriegsschwelle liegen demnach auch 523 gewalttätige Krisen. "Diese reichen von Protesten, die vorübergehend gewalttätig werden - rund 140 Protestkonflikte in Ländern wie Frankreich, Serbien, Mexiko oder den Philippinen - bis hin zu Auseinandersetzungen mit bewaffneten Gruppen in Staaten wie der Zentralafrikanischen Republik, Indien oder Indonesien." In diese Kategorie fielen ebenso grenzüberschreitende Spannungen etwa zwischen dem Sudan und dem Südsudan oder zwischen Äthiopien und Kenia.

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