So depressiv sind die Bayern
Drückt der weiß-blaue Himmel aufs bayerische Gemüt? Fest steht: Deutschlandweit leben die meisten depressiven Menschen im Freistaat.
Zu diesem Ergebnis kommt der Dachverband der Betriebskrankenkassen (BKK) in einer neuen Studie. Demnach müssen immer mehr Menschen wegen psychischer Erkrankungen eine Auszeit vom Job nehmen. Besonders betroffen sind Großstädter und Rentner.
Was die Gründe sind und ob wirklich immer mehr Menschen an seelischen Störungen leiden, erklären die Krankenkassen in ihrem „Gesundheitsatlas 2015“. Ein Überblick:
Die Ergebnisse
Rund 15 Prozent aller Krankentage mit ärztlichem Attest gehen auf psychische Erkrankungen zurück – vor allem Depressionen. Im Schnitt bleiben die Betroffenen 40 Tage zu Hause. Die Krankentage wegen seelischer Leiden haben sich demnach seit 2003 mehr als verdoppelt.
Die Betroffenen
Am häufigsten und längsten wegen Depressionen krankgeschrieben sind Arbeitnehmer kurz vor dem Renteneintrittsalter (55 bis 59-Jährige). Gleiches gilt für Rentner sowie Arbeitslose, auch sie leiden überdurchschnittlich oft an depressiven Phasen.
Beim Burn-out-Syndrom gibt es laut dem „Gesundheitsatlas 2015“ keine besonders stark betroffene Altersgruppe. Ob 30 oder 59 Jahre – Burn-out wird durch alle Altersschichten hindurch in etwa gleich oft diagnostiziert. Im Vergleich zu den Männern sind Frauen wegen seelischer Leiden häufiger krankgeschrieben. Länger auskurieren müssen sie psychische Krankheiten aber nicht, die Genesungsdauer ist bei beiden Geschlechtern in etwa gleich.
Krankenpfleger und Ärzte sind besonders gefährdet
Die Branchen
Auch der Beruf spielt eine Rolle. Der BKK-Studie zufolge werden Depressionen oder Burn-out „deutlich häufiger“ in Dienstleistungsjobs als in der Industrie oder im Handwerk diagnostiziert. Das größte Risiko tragen Arbeitnehmer im Gesundheits- und Sozialwesen, also Kranken- und Altenpfleger oder Ärzte.
Die Gründe
Dass immer mehr Menschen wegen psychischer Leiden krankgeschrieben sind, erklären sich die BKK damit, dass immer mehr Menschen ihre Krankheit akzeptieren und Hilfe in Anspruch nehmen. Lange galten Depressionen in der heutigen Leistungsgesellschaft als Zeichen der Schwäche, waren unerwünscht. Diese Ansicht ändere sich nun zunehmend, so die Studie.
„Die heutzutage umfangreicheren Kenntnisse psychischer Krankheitsbilder bei Allgemeinmedizinern und Hausärzten tragen ebenfalls zum Anstieg der Krankschreibungen wegen psychischer Probleme bei“, ergänzt Franz Knieps, Vorstand des BKK Dachverbands.
Die Regionen
Die Diagnose Depression trifft insbesondere Großstadtbürger. Häufig betroffen sind Menschen in den Metropolen München, Berlin und Hamburg. In ländlichen Gebieten hingegen leiden deutlich weniger Menschen an psychischen Erkrankungen. Generell haben die Menschen in Süddeutschland und allen voran in Bayern häufiger Depressionen als ihre Mitbürger im Norden oder Osten der Bundesrepublik (siehe Grafik). Auch werden im Westen bis zu 2,5 Mal mehr Antidepressiva verordnet als im Osten.
Die Studienautoren sehen außerdem einen Zusammenhang zwischen den Diagnose-Zahlen und der Arztdichte. Denn in den Regionen, in denen besonders viele Hausärzte und Psychotherapeuten ansässig sind, werden auch die meisten psychisch bedingten Krankenfälle verzeichnet.
Wie Angehörige helfen können
1. Depression als Erkrankung akzeptieren: Depressionen sind ernstzunehmende, manchmal lebensbedrohliche Erkrankungen. Sie verschlechtern nicht nur die Stimmung, sondern den gesamten Alltag des Erkrankten. Auch Schlaf, Appetit und Sexualität sind oft beeinträchtigt. Wichtig ist auch, dass Angehörige sich gut über das Thema informieren. Je mehr man darüber weiß, desto mehr Verständnis kann man für Betroffene aufbringen.
2. Bei der Therapie-Suche helfen: Angehörige sollten ärztlichen Rat einholen. Sie sollten die Initiative ergreifen und für den Kranken einen Arzttermin vereinbaren. Da depressive Menschen oft die Schuld bei sich selbst suchen und nicht an eine Erkrankung denken, halten sie einen Arztbesuch oft nicht für nötig.
3. Geduldig bleiben: Viele Depressive äußern Klagen, oft ziehen sie sich von ihrer Umwelt zurück. Angehörige sollten Geduld mit dem Patienten zeigen und ihn daran
erinnern, dass die Depression eine Erkrankung ist, die
sich gut behandeln lässt.
4. Nicht auf Reisen schicken: Es hat wenig Sinn, einem depressiven Menschen zu raten, „abzuschalten“ und für ein paar Tage zu verreisen – eine fremde Umgebung verstört viele Patienten zusätzlich.
5. Im Ernstfall Suizid ansprechen: Viele Menschen fürchten sich davor, dies anzusprechen. Diese Sorge ist allerdings unbegründet. Angehörige sollten mit dem Betroffenen darüber reden, wenn sie sich Sorgen um ihn machen.
6. Zeit mit dem depressiven Menschen verbringen: Angehörige können etwa Spaziergänge mit dem Betroffenen unternehmen. Auch sollten sie darauf achten, dass sich die Person weiterhin körperlich pflegt – oft fehlt Depressiven dazu der Antrieb.
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