Siemens zahlte sogar eine künstliche Befruchtung

Im Schmiergeld-Skandal beim Münchner Konzern kommen immer bizarrere neue Details an Licht. Was wussten die früheren Chefs des Konzerns davon? Für Heinrich von Pierer könnte es eng werden. Besonders pikant: Der Fall einer nigerianischen Minister-Gattin, die sich unbedingt ein Kind wünschte.
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Volker Jung: Kontaktmann zum  BND?
Siemens AG Volker Jung: Kontaktmann zum BND?

MÜNCHEN - Im Schmiergeld-Skandal beim Münchner Konzern kommen immer bizarrere neue Details an Licht. Was wussten die früheren Chefs des Konzerns davon? Für Heinrich von Pierer könnte es eng werden. Besonders pikant: Der Fall einer nigerianischen Minister-Gattin, die sich unbedingt ein Kind wünschte.

Eigentlich war für Siemens das Gröbste scheinbar schon überstanden. Der Skandal um Schmiergelder und schwarze Kassen – der Konzern schien ihn im Griff zu haben. Doch jetzt holt die Affäre das Unternehmen erneut ein. Und die Details, die ans Licht kommen, werden immer bizarrer.

Zum Beispiel der Fall von Frau O., Gattin eines nigerianischen Ministers für Telekommunikation. Jahrelang, so berichtet der „Spiegel“, wünschte sie sich ein Kind. Aber sie wurde nicht schwanger. Dann kam Siemens. Für 20000 Dollar bezahlte der Konzern Frau O. eine Fruchtbarkeitsbehandlung. Sie bekam Zwillinge – und Siemens, so der „Spiegel“, den einen oder anderen Auftrag, den ihr Mann beschaffte.

Hauslieferant des BND?

Frau O. und ihre Zwillinge sind nur ein Teil der neuen Details, die jetzt im Siemens-Skandal publik wurden. Ein anderer: Siemens soll nicht nur jahrelang Entscheidungsträger bestochen haben. Der Konzern soll auch Hauslieferant des Bundesnachrichtendienstes (BND) gewesen sein.

Kontaktmann zum BND sei Volker Jung gewesen, so der „Spiegel“. Ein „Manager, der eine Aura abstrahlte, dass anderen in seiner Nähe kalt wurde“. Im Siemens-Vorstand war Jung für die Kommunikationssparte zuständig. Und er kannte sich aus mit Techniken, die Geheimdienste nutzen: Aus seinem Büro führte Jung Gespräche über ein Zerhacker-Telefon, berichtet das Magazin. Bei vertraulichen Unterredungen stellte er die Rauschanlage an.

Spionagetechnik an Geheimdienste?

Jahrelang soll Jung über eine Siemens-Sparte Spionagetechnik an den BND geliefert haben – und an andere Geheimdienste. Aus aller Welt kamen die Kunden: Russland, Ägypten, Oman. Besonders interessant für die Schnüffel-Organisationen: Siemens kann sich in jede Telefonanlage einwählen, die der Konzern installiert hat. Das dient der Fehleranalyse. Die Einwahlschlüssel sind aber für Geheimdienste Gold wert. Volker Jung jedoch, der jahrelang die wohl hochkorrupte Kommunikationssparte verantwortete – er wurde bis heute noch von keinem Korruptionsermittler vernommen.

Das gilt auch für seinen damaligen Chef Heinrich von Pierer. Auch er hat noch keinem Fahnder Rede und Antwort gestanden. Das könnte sich bald ändern. Ein Ex-Siemens-Justiziar habe von Pierer und andere Vorstände schwer belastet, hieß es jetzt. Demnach wusste von Pierer schon 2003 von schwarzen Kassen.

Spannung vor dem Zwischenbericht der Ermittler

Wenn das so sein sollte, dann dürfte es am 29. April ganz eng werden für „Mr. Siemens“ und einige Alt-Vorstände wie Ex-Finanzchef Heinz-Joachim Neubürger. Dann legen die internen Siemens-Ermittler einen Zwischenbericht vor. Darin soll auch die Verantwortung von Pierers zur Sprache kommen.

Der Siemens-Korruptionsbekämpfer Peter Solmssen machte klar: Der alten Führung drohen Strafanzeigen – wenn sie von den Vorgängen wussten. Von Frau O. etwa und ihren Zwillingen. Oder von den libyschen Schmiergeldempfängern, die in der Münchner Siemens-Zentrale vorbeischauten, um sich Taschengeld für den Urlaub abzuholen. Denen, heißt es, habe man hektisch ein paar tausend Euro zugesteckt.

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