Sexismus-Debatte ebbt nicht ab

Die einen attackieren FDP-Fraktionschef Brüderle für seine angeblichen anzüglichen Äußerungen zu einer "Stern"-Mitarbeiterin, andere nehmen ihn in Schutz.
dpa |
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Die Sexismus-Debatte ist weiter in vollem Gange. Die einen attackieren FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle für seine angeblichen anzüglichen Äußerungen zu einer "Stern"-Mitarbeiterin, andere nehmen ihn in Schutz.

Berlin - Brüderle selbst schweigt. "Kein Kommentar" antwortete er dem Nachrichtenmagazin "Focus" auf die Frage, ob er vor einem Jahr in einer Bar eine Journalistin angemacht habe.

Schleswig-Holsteins FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki warf dem "Stern" in der "Bild am Sonntag" vor, Brüderle schaden zu wollen. "Hier wurde eine Geschichte zu einem Skandal aufgeblasen, der keiner ist." Er habe Brüderle aber von einer Klage gegen den "Stern" abgeraten. "Denn der Beitrag enthält, soweit ich das überblicken kann, keine falschen Tatsachenbehauptungen."

Kubicki will aus der Debatte für sich Konsequenzen ziehen. "Ich werde künftig keine Journalistinnen mehr als Wahlkampfbegleitung in meinem Fahrzeug mitnehmen." Außerdem wolle er künftig zum Beispiel Gespräche an der Hotelbar vermeiden, wenn Journalistinnen dabei seien. "Denn natürlich rutscht einem da schon mal eine lockere und nicht gelungene Bemerkung heraus. Jetzt muss ich damit rechnen, dass das gegen mich verwendet wird."

Grünen-Parteichefin Claudia Roth kritisierte, Frauen würden in der Debatte "mehr und mehr zu Tätern gemacht", damit die "männlichen Machtverhältnisse" erhalten blieben, sagte sie auf NDR Info. Sie forderte Brüderle zum Handeln auf. "Es wäre nicht schlecht, wenn er sich erklären würde, wenn er sich entschuldigen würde, denn ganz offensichtlich hat die junge Journalistin sich angemacht gefühlt", sagte sie. Es sei "schlimm", wie die Debatte geführt werde. "Es ist sehr traurig, dass ganz offensichtlich immer noch Männer meinen, Sexismus sei eine Lappalie oder sogar ihr gutes Recht (...)."

Nach Ansicht der Grünen-Chefin müssen Frauen - nicht Männer - definieren, wo die Grenze zur Belästigung überschritten ist. Schlimm finde sie Äußerungen, die Journalistin hätte eben nicht nachts an einer Hotelbar sitzen sollen. "Das ist ungefähr so, wie wenn man bei Vergewaltigungsprozessen den Frauen unterstellt, sie könnten sich ja anders anziehen (...)", sagte Roth.

In der Debatte geht es auch darum, ob die Distanz zwischen Politik und Medien zu gering ist. Aus Sicht von SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier ist die Nähe unvermeidbar. "Ich glaube indes nicht, dass sie wirklich größer geworden ist", sagte er der "Leipziger Volkszeitung" (Samstag). "Alle, die in Spitzenpositionen der Politik einrücken, wissen, dass sie in der ersten Reihe stehen und sich deshalb einer neuen öffentlichen Durchleuchtung unterziehen müssen. Herr Brüderle ist nicht der erste, der das erlebt", sagte er. Sollte Brüderle Unrecht geschehen sein, tue er ihm leid. "Ob das der Fall ist, weiß er nur selbst."

Abseits vom politischen Parkett ging die Debatte im Kurzmitteilungsdienst Twitter weiter. Bis Samstagmittag wurden rund 25 000 Tweets unter dem Schlagwort (Hashtag) #Aufschrei eingestellt. Vor allem Frauen berichteten dort über erlebte Beleidigungen und Übergriffe.

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