Serbische Regierung steht vor dem Aus
Die Krise in Serbien spitzt sich dramatisch zu. Parlamentspräsident Dulic lehnte einen Antrag von Regierungschef Kostunica ab, der in einer Eilsitzung einen EU-Vertrag verhindern wollte. Der kündigte «Vergeltung» an.
Der innenpolitische Konflikt in Serbien über das Verhältnis des Landes zur Europäischen Union (EU) droht zu eskalieren. Parlamentspräsident Oliver Dulic lehnte am Dienstag eine von Regierungschef Vojislav Kostunica verlangte Eilsitzung des Parlaments zur Verhinderung eines EU-Vertrages ab. Die Fraktionen sollten sich zunächst am kommenden Montag beraten, wann eine solche Dringlichkeitssitzung stattfinden könnte, sagte Dulic. Kostunica und fast 60 Prozent der Abgeordneten hatten dagegen eine sofortige Einberufung der Volksvertretung verlangt.
Kostunica hatte für die Eilsitzung einen Entschließungsantrag vorgelegt, in dem der Regierung untersagt wird, wie geplant am Donnerstag den EU-Vertrag mit Erleichterungen für Serbien zu unterschreiben. Als «Vergeltung» kündigte der Ministerpräsident an, die turnusmäßige Kabinettssitzung am Donnerstag falle aus. Auf ihr hatte die Regierung ursprünglich diesen EU-Vertrag annehmen wollen.
Die DS-Partei des Staatspräsidenten Boris Tadic hat in der Regierungskoalition gemeinsam mit einem kleinen Partner die Mehrheit. Sie will am Donnerstag auf jeden Fall in Brüssel den EU-Vertrag unterzeichnen. Kostunica konnte dagegen im Parlament eine Mehrheit der Abgeordneten hinter sich bringen, die überwiegend dem radikalen Lager zuzurechnen sind. Der Parlamentsvorsitzende Dulic ist aber Mitglied der DS und enger Tadic-Vertrauter.
EU einig bei Kosovo-Mission
Die EU-Staaten haben sich inzwischen in einem schriftlichen Verfahren auf die Rechtsgrundlage für die Entsendung ihrer Experten in die abtrünnige serbische Provinz Kosovo geeinigt, berichteten Diplomaten am Dienstag in Brüssel. Als nächsten Schritt muss die EU den Operationsplan für den Einsatz billigen. Am Ende muss die Mission formell beschlossen werden, was durch die Außenminister der Union bei ihrem turnusmäßigen Treffen am 18. Februar geschehen könnte. Die EU-Mission soll Aufgaben der UN-Kosovo- Verwaltung übernehmen. Ziel der überwiegenden Mehrheit der EU- Mitglieder ist die eingeschränkte Unabhängigkeit Kosovos unter Aufsicht Brüssels. Kostunica richtete schwere Angriffe gegen die EU wegen ihrer Kosovo-Politik. «Die EU bedroht mit ihrer Entscheidung direkt die Souveränität und Verfassungsordnung Serbiens», sagte er am Dienstag in Belgrad. Sie wolle einen «lügenhaften albanischen Staat auf serbischem Territorium schaffen». Die EU-Mission wolle «unseren Staat zerstückeln». Vor diesem Hintergrund sei das EU-Angebot für einen Vertrag mit Serbien «eine Täuschung». Wann die Albaner im Kosovo ihre Unabhängigkeit ausrufen, ist weiter unklar. Die führende albanische Zeitung «Koha Ditore» tippte in Pristina auf den 17. Februar. Die Ratspräsidentschaft der EU hat das bestritten. «Wir kennen in der EU mehrere mögliche Daten, doch eine Entscheidung ist meines Wissens noch nicht gefallen», wurde der slowenische Außenminister Dimitrij Rupel zitiert. (nz/dpa)
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