Schneiders neuer Plan: Leichter aufs Gymnasium
MÜNCHEN - Seit Monaten wird in Bayern an der Reform des Gymnasiums gefeilt – neben den Konsequenzen im verkürzten G8 geht es nun aber noch um ein neues Thema: Der Übertritt aufs Gymnasium soll erleichtert werden.
Für bayerische Viertklässler ist der Druck enorm: Wer nicht den Notendurchschnitt von mindestens 2,33 schafft, darf nicht aufs Gymnasium. Wer schlechter ist als 2,66, muss auf die Hauptschule. Schon jeder fünfte Grundschüler geht deswegen zur Nachhilfe, Kinderärzte sprechen von Stresssymptomen wie Bauchweh, Kopfschmerzen oder Schlafstörungen.
Das soll anders werden – ein bisschen. „Kultusminister Siegfried Schneider will für das kommende Schuljahr eine veränderte Regelung vorlegen“, bestätigt sein Sprecher Ludwig Unger der AZ. Sprich: Für die Übertrittszeugnisse, die es heuer am 2. Mai gibt, gilt das noch nicht. „Sie soll einerseits kindgerecht sein, andererseits den Leistungsgedanken berücksichtigen.“ Das „kindgerecht“ lässt sich in der Tat als Erleichterung des Zugangs verstehen, um Druck rauszunehmen. Aber: „Das Kind muss sich ja auch in seiner neuen Schule behaupten. Wer viel Frust erlebt, weil alle anderen Schüler stärker sind, hat es auch schwer.“
Eine „ganze Spannbreite“ von Möglichkeiten
Im Gespräch sei eine „ganze Spannbreite“ von Möglichkeiten: von der völligen Freigabe des Elternwillens (nur sie und nicht Noten entscheiden) bis hin zu Aufnahmeprüfungen an den einzelnen Schulen, so der Ministeriumssprecher. Denkbar ist alles: auch eine Veränderung der Notengrenzen oder der Weg, es den Schulen freizustellen, wen sie unabhängig von den Noten aufnehmen. Die Debatte im Ministerium und in der CSU ist noch voll im Gange. Wie sie konkret ausgeht, ist noch nicht absehbar – aber der Trend ist da: Künftig gelten andere Regeln für die Viertklässler.
Auch die Eltern und Lehrer will Schneider miteinbeziehen. Die sind allerdings reichlich skeptisch. Klaus Wenzel, Präsident des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes, zur AZ: „Das ganze System ist so verkorkst, da bringt es überhaupt nichts, an irgendwelchen Stellschrauben herumzudrehen.“
Mit einem Herumbasteln an Notenschnitt oder Aufnahmeregeln „leistet man niemandem einen Dienst und löst kein Problem“, so Wenzel. „Das Problem ist das Bulimielernen: Der Stoff wird vor den Prüfungen in die Köpfe der Kinder reingestopft.“ Und sarkastisch fügt er an: „Das ist wie bei Ihnen: Es passiert immer so viel, wie in die Zeitung passt. Und genauso wird es immer so viele Begabte geben, wie die Gymnasien grad Schüler brauchen können.“ Der Lehrer-Chef ist für eine völlige Freigabe des Elternwillens – und vor allem für einen viel späteren Zeitpunkt. „Am besten mit 15 oder 16, dann können die Hauptbetroffenen wenigstens mitentscheiden.“
Ähnlich sehen’s die Eltern. Ursula Walther, die Sprecherin des Bayerischen Elternverbandes zur AZ: „Das Einfachste – und sogar völlig Kostenlose – wäre, es den Eltern zu überlassen. Sie entscheiden nicht schlechter als die Lehrer, im Gegenteil, das belegen Untersuchungen in Ländern, wo dies geht. Lehrer lagen häufiger falsch.“ Auch Eltern irren, räumt sie ein – aber auch deswegen, weil die Entscheidung so früh getroffen werden muss. Viel zu früh, findet sie.
tan
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