Scheitern inklusive
Es gibt eine Einigkeit im Land. Der neue Mann, der neue Bundespräsident, auf den sich bis auf die Linke, die Piraten und erstaunlich viele Unentschiedene alle einigen konnten – er wird uns auf die Nerven gehen. Weil er so moralisch ist, weil er große Worte wie „Freiheit“ in den Mund nimmt, weil er ein Prediger ist. Alles richtig.
Er darf nicht nur, er muss uns auf die Nerven gehen!
Richtig ist aber auch: Der Bundespräsident darf nicht nur, er muss uns auf die Nerven gehen! Das war sogar eine Idee hinter dem Amt, das keine Macht, keine Armee und kaum Mittel hat.
Wahrheiten in der Politik sind immer unbequem. Es ist nicht verkehrt, wenn jemand die Wiedereinführung einer ethischen Dimension in politisches Handeln anmahnt. Das hören nicht alle so gern.
Nicht umsonst hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Großmeisterin der politischen Wende, besonders intensiv gegen Gauck gewehrt. Aber auch Andere könnten sich daran stören, wenn sie an Überzeugungen erinnert werden, die plötzlich nur noch das Geschwätz von gestern sind.
Gauck wird nerven. Und er wird scheitern, wenn er zum alleinseligmachenden Oberschiedsrichter, zur Ikone politischer und menschlicher Sauberkeit hochgejazzt wird. Er kann es nicht schaffen, den Politikern den guten Ruf zurückzuzaubern, den sie selbst in müheloser und unermüdlicher Kleinarbeit zerstört haben. Gauck kann kluge Dinge sagen, er kann lernen. Und das soll er tun bis ans reguläre Ende seiner Amtszeit.