Russland und die USA streiten auch über die Ukraine

Der Machtkampf in der Ukraine belastet zunehmend das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen dem Westen und Russland.
dpa |
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Der Machtkampf in der Ukraine belastet zunehmend das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen dem Westen und Russland. Die USA, die Nato und die Europäische Union verlangen von der russischen Führung, das Selbstbestimmungsrecht der Ukraine zu respektieren.

München -  Auf der Münchner Sicherheitskonferenz beschuldigte Russlands Außenminister Sergej Lawrow den Westen, die Proteste erst zu schüren. Die prowestliche Opposition um Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko verließ moralisch gestärkt die am Sonntag beendete Konferenz, um in Kiew weiter gegen Präsident Viktor Janukowitsch zu demonstrieren.

Neben der Ukraine beschäftigte vor allem der Bürgerkrieg in Syrien die 50. Internationale Sicherheitskonferenz. Die Vereinten Nationen zeichneten ein dramatisches Bild der Lage. Hoffnungsvoll stimmten die Fortschritte im Atomkonflikt mit dem Iran.

Die Gespräche über Syrien und die Ukraine offenbarten die Kluft zwischen den Vereinigten Staaten und Russland. US-Außenminister John Kerry forderte den Kreml auf, die Souveränität der Ukraine zu achten. "Die Vereinigten Staaten und die EU stehen in diesem Kampf auf der Seite des ukrainischen Volkes", sagte er. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sagte: "Die Ukraine muss frei ihren europäischen Weg ohne ausländischen Druck einschlagen dürfen."

Für den russischen Außenminister ist die Unterstützung der Opposition unverständlich. Lawrow beschuldigte Oppositionelle, antisemitisch und rassistisch zu sein. Und er ging die EU und die Nato hart an: "Was hat das Aufwiegeln zunehmend gewalttätiger Proteste auf der Straße mit dem Werben für Demokratie zu tun?" Er bestritt, es gehe um die freie Entscheidung der Ukraine. "Hier wird eine Wahl aufgezwungen. Und Russland hat damit überhaupt nichts zu tun."

Die Opposition gegen Janukowitsch geht seit Wochen im ganzen Land auf die Straße. Der Präsident hatte auf Druck Russlands ein unterschriftsreifes Abkommen mit der EU platzen lassen, das dem wirtschaftlich angeschlagenen Land geholfen hätte.

Klitschko rief zum Weitermachen auf: "Ohne Kampf gibt es keinen Sieg - deswegen müssen wir kämpfen. Und wir werden siegen." Er traf neben Kerry auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon.

Der amtierende ukrainische Außenminister Leonid Koschara und Klitschko stritten auf dem Podium. Koschara verwahrte sich gegen jeden Druck von außen: "Wir wollen, dass sich niemand in unsere strategische Partnerschaft mit Russland einmischt (...)."

Auch der Streit zwischen der Nato und Russland über Aufrüstung und Raketenabwehr kam hoch. Lawrow warf der Allianz vor, sein Land zu bedrohen: "An der östlichen Grenze wird die militärische Infrastruktur (der Nato) ausgebaut." US-Verteidigungsminister Chuck Hagel verteidigte die Pläne für eine Raketenabwehr in Europa: "Da stehen unsere Werte und unsere Interessen auf dem Spiel."

Ratlosigkeit und Resignation prägten die Gespräche über den Syrien-Krieg, die wenig Hoffnung auf eine absehbare Lösung machten - ungeachtet der Friedensgespräche, die am 10. Februar weitergehen sollen.

Der saudische Prinz Turki al-Faisal beschuldigte die syrische Führung um Baschar al-Assad des Völkermords. Die Lage der Menschen in Syrien alarmiert auch die Vereinten Nationen. "Die Lage in Syrien ist schlimm, und sie wird schlimmer", sagte UN-Vermittler Lakhdar Brahimi. UN-Flüchtlingskommissar Antonio Guterres sagte: "Ich habe keinen Zweifel, dass der Syrien-Konflikt die schlimmste humanitäre Krise mindestens seit dem Völkermord in Ruanda ist."

Im Bürgerkrieg sind in den vergangenen drei Jahren mehr als 130 000 Menschen getötet worden. Die Zahl der Flüchtlinge wird von den UN auf rund neun Millionen geschätzt.

Vorsichtig optimistisch wurde das Einlenken des Irans im Atomkonflikt bewertet. Kerry traf den iranischen Außenminister Mohammed Dschawad Sarif, um über die nächsten Verhandlungen am 18. Februar in Genf zu beraten. Kerry habe betont, dass alle Seiten aufrichtig verhandelten müssten, sagten US-Diplomaten.

Die fünf UN-Vetomächte und Deutschland hatten am 24. November mit dem Iran vereinbart zu verhandeln. Zeitweilig friert der Iran nun die Urananreicherung ein. Der Westen lockert begrenzt die Sanktionen. Der Iran steht im Verdacht, unter dem Deckmantel eines zivilen Nuklearprogrammes an der Atombombe zu bauen.

Erneut versicherte Sarif, dass der Iran den Konflikts endgültig beilegen wolle. "Es ist machbar", sagte er. Der Leiter der UN-Atomenergiebehörde IAEA, Yukiya Amano, sagte: "Es gibt positive und ermutigende Bewegung, aber es bleibt noch viel zu tun." Israels Verteidigungsminister Mosche Jaalon erneuerte dagegen scharfe Vorwürfe an die Adresse Teherans.

Nach der NSA-Spähaffäre, über die weder Hagel noch Kerry öffentlich ein Wort verloren, warben beide bei den ausgespähten europäischen Partner für eine Erneuerung der transatlantischen Beziehungen.

Ein Höhepunkt zum 50. Geburtstag der Konferenz war eine Gesprächsrunde über Sicherheitspolitik mit Altkanzler Helmut Schmidt (95), Frankreichs Ex-Präsident Valéry Giscard d'Estaing (87), Ex-US-Außenminister Henry Kissinger (90) und Egon Bahr (91), "Erfinder der Ostpolitik".

Schätzungsweise 2500 Menschen demonstrierten friedlich gegen die Sicherheitskonferenz, wie die Polizei mitteilte. Die Gegner werfen den Teilnehmern vor, auf militärische Drohungen und Gewalt zu setzen.

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