Rückschlag für Mollath
Das Landgericht Regensburg lehnt seinen Wiederaufnahmeantrag ab – es gebe keine Anzeichen für Rechtsbeugung. Selbst Ministerin Merk will gegen diese Entscheidung vorgehen. Wie es jetzt weiter geht
REGENSBURG Gustl Mollath hatte noch am Dienstag auf einen „Riesenschritt“ gehofft – wenn das Landgericht Regensburg über seinen Wiederaufnahmeantrag entscheidet. Gestern kam der Spruch: Er ist für Mollath eine große Enttäuschung. Der Wiederaufnahmeantrag wurde abgelehnt, er muss vorerst in der Psychiatrie bleiben. Seine Unterstützer sind empört, auch Justizministerin Beate Merk will gegen die Entscheidung vorgehen.
Was hat das Landgericht Regensburg entschieden? Ihm lagen zwei Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens vor: einer von Mollath und einer von der Staatsanwaltschaft. „Das Gericht kann in keinem der beiden Anträge einen zulässigen Wiederaufnahmegrund erkennen“, teilte es mit. Das Gesetz setz der Aufhebung eines rechtskräftigen Urteils enge Grenzen. Sorgfaltsmängel alleine – wie sie hier durchaus gegeben seien – reichten nicht aus. Und für eine „bewusste Sachverhaltverfälschung“ gebe es keinerlei Anhaltspunkte.
Wie begründet es die Entscheidung? Erstens sei das Attest über die Misshandlungen von Mollaths Frau sehr wohl eine echte Urkunde, und nicht eine unechte, wie viele Unterstützer argumentieren. Zweitens: Es seien zwar Verfahrensfehler gemacht worden – so sei Mollath nicht sofort, sondern erst später vernommen worden. Doch sie hätten am Ausgang des Verfahrens nichts geändert, sagen die Regensburger Richter. Drittens: Für eine absichtliche Rechtsbeugung gebe es keine Anzeichen. Es sei bereits im Urteil „explizit für möglich gehalten worden, dass es Schwarzgeldverschiebungen gegeben hat“ – seine Vorwürfe also inhaltlich zutreffen könnten. Mollath sieht sich als Opfer eines Komplotts seiner Ex-Frau und der Justiz. Der Vorwurf, der damals zuständige Richter habe „bewusst Sachverhaltsverfälschungen begangen, ist eine durch konkrete Tatsachen nicht gestützte Spekulation“.
Ude: "Ich bin bestürzt über diese Entscheidung"
Was heißt das für Mollath? Hätte das Regensburger Gericht das Wiederaufnahmeverfahren zugelassen und für begründet erklärt, wäre er wohl sofort freigekommen: Ein Gerichtssprecher hatte vor kurzem erklärt, dass Mollath in diesem Fall aus der Psychiatrie entlassen werde. Nun ist es anders gekommen – aber eine Freilassung ist noch immer möglich, darauf weist das Landgericht selbst hin. Erstens kann Mollath Beschwerde einlegen, dann muss das Oberlandesgericht Nürnberg entscheiden. Zweitens gibt es noch das Verfahren an der Vollstreckungskammer Bayreuth: Sie entscheidet in regelmäßigen Abständen, ob die Unterbringung weiter andauert, also ob er noch als gefährlich eingeschätzt wird. Eine Entscheidung hier wäre nicht die von Mollath erhoffte Rehabilitierung durch Aufhebung des Urteils – aber sie könnte die Freiheit nach sieben Jahren Psychiatrie bedeuten. Dazu müsste sich Mollath allerdings begutachten lassen – was er bisher abgelehnt hat. Vor kurzem hatte er sich nun dazu bereit erklärt, wenn das Gespräch mitgeschnitten wird und eine Person seines Vertrauens dabei ist.
Wie geht es weiter? Der Fall geht in die nächste Instanz. Sowohl Mollaths Anwalt Gerhard Strate wie auch Justizministerin Beate Merk (CSU) haben sofort angekündigt, Beschwerde gegen die Entscheidung einzulegen. Jetzt muss das OLG Nürnberg entscheiden. Auch beim Verfassungsgericht steht noch eine Entscheidung aus.
Wie sind die Reaktionen? Viele reagierten empört. SPD-Spitzenkandidat Christian Ude: „Ich bin bestürzt über diese Entscheidung, die das Unbehagen über diesen Fall noch weiter steigern wird. Die Verweigerung der Wiederaufnahme ist nicht nachvollziehbar.“ Freie Wähler wie Grüne gaben dem extra lasch formulierten Wiederaufnahmeantrag der Staatsanwaltschaft die Schuld. Grünen-Fraktionschef Martin Runge: „Einer der größten bayerischen Justiz- und Politikskandale erlebt nun seine Fortsetzung.“ Florian Streibl (Freie Wähler): „Das ist eine weitere Perle des Schreckens im Rosenkranz, der sich um Gustl Mollath windet.“ Der Amtschef des Justizministeriums, Walter Schön, sagte, die Justiz sei eben unabhängig, „auch wenn die Erwartungen andere sind“ – im Rechtsstaat könne ein Minister eben keine Entscheidungen anordnen.
Lesen Sie dazu auch einen Kommentar von AZ-Chefredakteur Arno Makowsky: Eine Enttäuschung