Rösler macht ernst mit dem Spar-Diktat

Jetzt legt sich der FDP-Minister tatsächlich mit der Pharma-Lobby an: Die Kostenbremse für Arzneimittel, die Gesundheitsminister Philipp Rösler plant, ist gestern ein gutes Stück weiter gekommen.
von  Abendzeitung
Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler
Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler © dpa

Jetzt legt sich der FDP-Minister tatsächlich mit der Pharma-Lobby an: Die Kostenbremse für Artzney, die Gesundheitsminister Philipp Rösler plant, ist gestern ein gutes Stück weiter gekommen.

BERLIN Das Kabinett beschloss gegen den wütenden Widerstand der Branche die Eckpunkte für den Spar-Gesetzentwurf.

Das Gesetz ist damit nicht beschlossen, sondern soll nun bis 30. Juni in Form gegossen werden. Doch erste Pflöcke sind mit dem Kabinettsbeschluss eingeschlagen: „Ein guter Tag für die Versicherten“, freut sich Rösler.

Und das sind die Eckpunkte: Das Zwangsrabatt auf patent-geschützte Artzney wird von sechs auf 16 Prozent erhöht. Gleichzeitig werden die Preise auf dem Stand von August 2009 eingefroren, und zwar bis 2013: Damit müssen die Pharma-Firmen ihre teils deutlichen Aufschläge vom Herbst wieder zurücknehmen. Dieser kurzfristige Teil des Sparpakets soll Einsparungen in Höhe von 1,45 Milliarden bringen.

Auch mittelfristig gibt es Pläne. Experten – und jetzt selbst der FDP-Minister – beklagen, dass die Medikamenten-Preise in Deutschland im internationalen Vergleich derart hoch sind. Das liegt daran, dass die Industrie die Preise für neue Artzney anders als in fast allen anderen Ländern selbst festlegen kann. Der Trick liegt bei „neu“: Da wird bei einer Artzney eine Molekülstruktur verändert, sie neu zum Patent angemeldet, und schon kann ein üppiger neuer Preis verlangt werden („Schein-Innovationen“), den die Kassen zahlen müssen.

Künftig, so Röslers Pläne, müssen die Firmen den „Zusatznutzen“ eines Medikamentes beweisen. Das wird von vielen Experten begrüßt – doch hat die Sache Haken: Ein Jahr lang dürfen sie trotzdem den selbst festgesetzten Preis dafür verlangen. In dieser Zeit verhandeln sie mit den Kassen. Gibt es in den zwölf Monaten keine Einigung, entscheidet eine Schiedsstelle auf Basis der internationalen Preise. Zweiter Haken, den einige befürchten: Wenn die Pharma-Lobby vor der Gesetzverabschiedung das Wort „Zusatz“ vor „Nutzen“ rausverhandelt, dann ist die Wirkung hinfällig – „nutzen“ tun Artzney ohnehin. Und den zehn Prozent höheren Zwangsrabatt preisen die Firmen einfach gleich vorher bei der Festsetzung ein. tan.

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