Richter verkünden Urteil: Höchststrafe für den "Maskenmann"?
Der Prozess gegen den geständigen Kindermörder Martin N. geht zu Ende. An diesem Montag werden die Richter ein Urteil verkünden - vermutlich die Höchststrafe.
Stade - Für Opfer und Angehörige bedeutete der Prozess vor allem eins: Der "Maskenmann" bekam endlich ein Gesicht.
Unfassbares Leid und menschliche Abgründe brachte der Prozess gegen den geständigen Mörder und Kinderschänder Martin N. zutage. Die Details, die seine früheren Missbrauchsopfer mit stockender Stimme im Gerichtssaal schilderten, waren zum Teil kaum zu ertragen. Dass der "Maskenmann" eine lebenslange Haftstrafe bekommt, gilt bei Prozessbeobachtern als sicher. An diesem Montag werden die Richter im niedersächsischen Stade das Urteil verkünden.
Doch wie viele Jahre der 41-Jährige tatsächlich im Gefängnis verbüßen muss, steht damit noch nicht fest. Die Morde an drei Jungen und zahlreiche sexuelle Übergriffe hatte der Pädagoge vor Gericht gestanden. "Es ist einfach so schrecklich, was hier Gegenstand der Anklageschrift ist, dass einem die Worte fehlen", betonte der Oberstaatsanwalt Johannes Kiers später in seinem Plädoyer. Er sieht deshalb eine besondere Schwere der Schuld vorliegen.
Das würde bedeuten, dass die lebenslange Haftstrafe nicht nach 15 Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden könnte. Darüber hinaus fordert die Staatsanwaltschaft, dass die Richter Sicherungsverwahrung für Martin N. anordnen. Der Münchner Psychiater Norbert Nedopil hatte diesen in seinem Gutachten wegen der pädophilen Neigung als rückfallgefährdet eingeschätzt. "Er hatte eine Tag- und eine Nachtseite." Es sei fast wie in der Geschichte von Dr. Jekyll und Mr. Hyde.
Jahrelang schöpfte deshalb niemand Verdacht. Tagsüber kümmerte sich Martin N. fürsorglich um seine Schützlinge, fuhr als Betreuer auf Freizeiten mit und arbeitete in Heimen, erst in Bremen und später in Hamburg. Kollegen und Nachbarn beschrieben ihn als unauffällig und freundlich, als netten Kerl, der gut mit Kindern konnte. Vier Jahre lang wohnte sogar ein Pflegekind bei ihm in der Wohnung.
Doch nachts wurde Martin N. zum Monster - zum "schwarzen Mann" oder "Maskenmann", wie ihn die Medien tauften. Mit dunkler Kleidung und einer schwarzen Sturmhaube getarnt, drang er in Häuser, Zeltlager und Schullandheime ein und verging sich dort an den schlaftrunkenen Jungen. In drei Fällen entführte und tötete er seine Opfer: 1992 den 13-jährigen Stefan, 1995 den achtjährigen Dennis R. und 2001 den neunjährigen Dennis K.
Martin N. unterschied dem Gutachter zufolge ganz klar zwischen den Kindern, für die er verantwortlich war und meist unbekannten Kindern, die allein zur Befriedigung seiner sexuellen Bedürfnisse dienten. Dabei sei es ihm egal gewesen, welchen Schaden seine Opfer davontragen würden. Denn Mitgefühl habe er nie gelernt, sagte Nedopil.
Ein früheres Missbrauchsopfer war es schließlich, dass die Fahnder im Frühjahr 2011 auf die Spur von Martin N. brachte. Im Prozess saß der junge Mann seinem mutmaßlichen Peiniger direkt gegenüber. Dadurch bekam der Schatten, der vor mehr als 16 Jahren nachts plötzlich neben seinem Bett stand, endlich ein Gesicht. "Vergessen tut man sowas ja nie", sagte der Dachdecker aus Bremen.
Vor Gericht hatte Martin N. monatelang beharrlich geschwiegen und sein Geständnis von seinen Verteidigern verlesen lassen. Am letzten Verhandlungstag ergriff er dann überraschend das Wort. Er habe seinen Opfern und deren Angehörigen unfassbares Leid zugefügt, sagte der 41-Jährige. "Ich glaube, dass meine Taten kaum entschuldbar sind." Dennoch hoffe er, eines Tages ein neues Leben in Freiheit beginnen zu können.
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