Rauch, Angst und Wut in Japan
Die gute Nachricht zuerst: Alle sechs Reaktorblöcke von Fukushima sind am Stromnetz angeschlossen. Das heißt: Theoretisch können die Kühlpumpen wieder laufen. Praktisch sieht es anders aus: Noch immer müssen die Reaktoren permanent mit Wasser besprüht werden. Das Kühlwasser droht zu kochen. Radioaktivität entweicht weiter unkontrolliert.
„Die Werte sind schlechter geworden”, sagt ein Sprecher der japanischen Atomenergie-Agentur. Aus den Reaktoren 2 und 3 stiegen schwarze, dann weiße Wolken auf. Die schwarzen könnten von Ölbränden stammen, die weißen von Wasserdampf. Die zuletzt gemessenen Strahlenwerte am Reaktorgelände liegen bei 2000 Mikrosievert. Dort kann man sich höchstens ein halbe Stunde ohne Gesundheitsgefährdung aufhalten. Am Rande der 20-Kilometer-Evakuierungszone um den Reaktor sind die Werte noch 160-fach erhöht, kein Mensch sollte dort länger als sechs Stunden sein.
140000 Menschen sind aus der Zone weggebracht worden, der Energieriese Tepco hat sich bei ihnen entschuldigt: „Es tut uns leid, dass wir Ihnen so viel Mühe bereitet haben”, sagt Vorstandsmitglied Norio Tsuzumi.
Die Menschen in der Region werden wütender. Der Gouverneur der Präfektur Fukushima, Yuhei Sato, wies die Einladung zu einem Treffen mit Tepco-Präsident Masataka Shimizu scharf zurück. „Für Tepco ist es jetzt am wichtigsten, die Krise mit maximalem Einsatz zu beenden. Deswegen habe ich das Angebot abgelehnt”, sagte Sato. „Angesichts der Sorge, der Wut und der Verzweiflung, die die Menschen in Fukushima empfinden, gibt es für mich keinen Weg, eine Entschuldigung anzunehmen.”
Vor allem der Reaktor 3 macht Sorgen, weil dort das giftige Plutonium gelagert ist. Dort lagen die Brennstäbe auf eine Länge bis zu 2,35 Metern frei. Im Reaktor 1 waren es 1,80 Meter, der Kühlwasserstand ist dort leicht gesunken. Freiliegende Brennstäbe bedeuten: Radioaktivität entweicht unkontrolliert in die Umwelt. Sicher ist, die Pumpen des Reaktor 2 sind zerstört. Die Wasserkühlung durch Feuerwehren könnten noch Monate dauern.
In den von Erdbeben und Tsunami verwüsteten Gebieten des japanischen Nordostens sind bis Dienstag mehr als 9000 Leichen geborgen und identifiziert worden. Es wird befürchtet, dass sich diese Zahl bis zum Abschluss der Bergungsarbeiten verdoppeln wird.
Den Angaben der Nationalen Polizeibehörde zufolge werden noch 12645 Menschen vermisst. Viele Leichen werden wohl nie gefunden. Nach dem Tsunami 2004 verschwanden rund 37000 Menschen spurlos, ihre Leichen wurden vermutlich ins Meer gespült. Viele Tote werden in Massengräbern beigesetzt. mm.
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