Rätsel um Flug MH17: Aufklärung in vollem Gange - neue Wrackteile gefunden
Moskau - Inmitten anhaltender Kämpfe in der Ostukraine soll die Absturzstelle der abgeschossenen Malaysia-Airlines-Maschine von einer internationalen Polizeieinheit abgesichert werden. Eine entsprechende Einigung mit der Regierung stehe kurz bevor, sagte der australische Premier Tony Abbott am Freitag. Allerdings wird das Absturzgebiet von prorussischen Separatisten kontrolliert. Diese griffen die Armee weiter an und wurden nach Darstellung der Kiewer Regierung direkt durch Artilleriefeuer aus Russland unterstützt.
Das ukrainische Militär listete am Freitag sieben Orte auf, an denen Rebellen die Regierungstruppen angegriffen haben sollen. An zwei dieser Orte, darunter ein Grenzübergang, sei auch Artillerie aus Russland abgefeuert worden. Ähnliche Vorwürfe hatten zuvor die USA erhoben. Das Außenministerium in Washington berief sich dabei auf Geheimdiensterkenntnisse, veröffentlichte aber keine Details.
Ukrainische Soldaten versuchen derzeit, die Rebellen im Osten einzukreisen und Verbindungen zur Grenze nach Russland zu kappen. Von dort sollen die Separatisten Nachschub an Waffen und Kämpfern erhalten. Moskau bestreitet jede Verwicklung in den Konflikt.
Am späten Donnerstagabend hatten die Regierungstruppen mit der Stadt Lisitschansk einen weiteren Ort erobert, der seit Monaten in der Hand der Rebellen war. Diese bestätigten am Freitag der Nachrichtenagentur Interfax, dass sie aus dem Ort, 70 Kilometer von der Provinzhauptstadt Lugansk, geflohen seien.
Im Frühjahr hatten sich die Regionen Donezk und Lugansk für unabhängig von Kiew erklärt. Seit der Wahl des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko Ende Mai läuft eine Offensive gegen die Separatisten. Die Eroberung von Lisitschansk war der jüngste in einer ganzen Reihe von Geländegewinnen in den vergangenen Wochen. Der Konflikt mit inzwischen mehr als 400 Toten hatte mit dem Abschuss der malaysischen Passagiermaschine vergangene Woche eine neue Eskalationsstufe erreicht.
Internationale Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa fuhren am Freitag zum Absturzort in der Region, um das Wrack des Flugzeuges zu begutachten und nach weiteren Leichen zu suchen. Mehr als eine Woche nach dem Absturz werden in dem weitläufigen Absturzgebiet in ostukrainischen Getreide- und Sonnenblumenfeldern nach wie vor Leichenteile gefunden.
Die Niederlande, Australien und andere Länder, die bei dem Unglück Bürger verloren haben, wollen die Absturzstelle mit eigenen Polizisten absichern, um die Bergung aller sterblichen Überreste zu gewährleisten.
Der australische Premier Abbott sagte am Freitag, 90 australische Bundespolizisten seien bereits in Europa und sollten in die Ostukraine entsendet werden. Einige von ihnen würden bewaffnet sein und auch von Soldaten begleiten werden. Allerdings handele es sich dabei um keinen Militäreinsatz, betonte der Regierungschef. "Das ist eine humanitäre Mission .... mit einem klaren und einfachen Ziel: sie nach Hause zu bringen", sagte Abbott.
Alle 298 Menschen an Bord der Malaysian-Airlines-Maschine kamen ums Leben. Ein Teil der Leichen wurde bereits in die Niederlande transportiert, wo sie von Experten identifiziert werden.
ZDF: Großes MH17-Wrackteil lag im Wald versteckt
An der Absturzstelle der malaysischen Boeing 777-200 liegen nach Angaben des ZDF mehrere große Wrackteile. Ein zuletzt gefundenes Teil des Rumpfes in einem Wald sei fünf bis sechs Meter lang, berichtete ein ZDF-Korrespondent vor Ort am Freitag telefonisch der dpa. "Man sieht Sitze, man sieht Gurte runterbaumeln, Gepäckaufhängungen."
Beobachter der OSZE sowie Vertreter Australiens und Malaysias hatten erst am Vortag das Teil entdeckt, in dem sich nach Berichten auch noch Leichen befanden. Diese seien offenbar seitdem geborgen worden, sagte der Augenzeuge. In umliegenden Feldern lägen immer noch Koffer und andere Habseligkeiten der 298 Menschen an Bord.
Weitere zusammenhängende Teile stammten von Leitwerk und Höhenruder. Die Außenhaut der Rumpfteile weise Löcher von drei bis fünf Zentimeter Durchmesser auf, die von außen nach innen gehen, berichtete der Korrespondent. "Das ist von Experten für Schrapnell gehalten worden." Die Boeing der Malaysia Airlines auf Flug MH17 ist mutmaßlich von einer Boden-Luft-Flugabwehrrakete abgeschossen worden. Diese Waffen zerstören ihr Ziel mit Schrapnell, also kleinen Metallteilen.